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Niedersachsen
Hildesheim: Klage gegen Vielfalts-Ampeln abgewiesen
Ein Ratsherr hatte sich an den im Sommer installierten Schablonen mit gleich- und verschiedengeschlechtlichen Paaren an 14 Ampelanlagen gestört.

Eine der streitgegenständlichen Ampeln (Bild: Stadt Hildesheim)
- 23. September 2025, 12:09h 3 Min.
Das Verwaltungsgericht Hannover hat am Dienstag nach einer mündlichen Verhandlung die Klage eines Hildesheimer Ratsherrn gegen sogenannte Vielfalts-Ampeln in der Stadt abgewiesen. Enver Sopjani (früher CDU, heute Interkulturelle Liga) wandte sich gegen die im Juni 2023 vom Rat der Stadt beschlossene und in diesem Sommer erfolgte Umrüstung von Ampeln in der Stadt.
Seit Mitte Juni zeigen insgesamt 14 Ampelanlagen bei Grün gleich- und verschiedengeschlechtliche Ampelpärchen statt der üblicherweise zu sehenden Fußgänger*innen (queer.de berichtete). Der sich als wertkonservativ beschreibende Kläger sehe sich durch die Ampeln in seinem Erziehungsstil eingeschränkt, hatte eine Sprecherin des Verwaltungsgerichts vor der Verhandlung der dpa gesagt, die Umrüstung der Ampelanlagen sei aus seiner Sicht rechtswidrig (queer.de berichtete).
Die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts folgte der Argumentation nicht: Das Gericht könne eine Verletzung der Rechte des Klägers "nicht nachvollziehen", sagte der Vorsitzende Richter Arne Gonschior laut dpa zur Begründung. Es sei "überhaupt nicht erkennbar", dass der Kläger durch die Ampelpärchen in seinen Rechten verletzt sei, etwa in Fragen der sexuellen Selbstbestimmung. "Die Ampelzeichen zeigen die gesellschaftliche Realität, die kann der Kläger nicht ausblenden", sagte der Richter.
Auch eine Verletzung der Straßenverkehrsordnung sehe das Gericht nicht: Deren Vorschriften schützten den Kläger nicht individuell. Laut einem Bericht der "Hildesheimer Allgemeinen" (Abo-Bereich) argumentierte das Gericht zudem, bei einer Rechtswidrigkeit hätte die Obere Straßenverkehrsbehörde einschreiten müssen, was nicht erfolgt sei.
Berufung und zweites Verfahren möglich
Gonschior sagte laut dpa, schon im Vorfeld habe das Gericht dem Kläger einen Hinweis auf Bedenken zur Rechtmäßigkeit der Klage gegeben. Er hoffe nun auf Rechtsfrieden. Der Kläger kann aber einen Antrag auf Zulassung der Berufung beim niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg stellen. Neben diesem als Bürger angegangenen Verfahren führt er außerdem als Ratsmitglied ein direkt gegen den Ratsbeschluss gerichtetes Verfahren, das in der 1. Kammer des Hildesheimer Verwaltungsgerichts anhängig ist.
Laut einem früheren HAZ-Bericht (Abo) habe bereits bei der Sitzung 2023 zu den Ampelpärchen "niemand der Gegner seine Ablehnung derart offensiv und öffentlich kundgetan" wie Sopjani, der damalige Linken-Fraktionschef Maik Brückner habe seinen Vortrag als "offenkundig schwulenfeindlich" eingestuft. So habe er Befürwortern vorgeworfen, "Kindern mit den Symbolen gleichgeschlechtliche Liebe schmackhaft machen zu wollen". In der Klage argumentiere er laut der Zeitung unter anderem, die Ampeln verletzten sein Recht auf die individuelle Sexualerziehung seiner Kinder und er fühle sich von den Ampeln, "mit denen offenkundig homosexuelle Identitäten propagiert werden sollen, in seinem Grundrecht auf Gleichbehandlung diskriminiert". Notfalls wolle er bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen.
Kostengünstige Aktion für Vielfalt
Die Kosten für die Umrüstung, die kurz vor dem Hildesheimer CSD erfolgte, beliefen sich nach Angaben der Stadt auf rund 2.000 Euro. Die insgesamt sieben Standorte befinden sich in der Schuhstraße auf Höhe der Fußgängerzone, in der Goslarschen Straße auf Höhe der Gartenstraße und in der Kardinal-Bertram-Straße.
Die ersten gleichgeschlechtlichen Ampelpärchen wurden 2015 im Vorfeld des Eurovision Song Contests in Wien installiert (queer.de berichtete). Das führte zu weltweiter Berichterstattung, was die österreichische Hauptstadt dazu brachte, die eigentlich zeitlich begrenzte Aktion fortzusetzen. In Folge galt die Aktion für viele weitere Städte auch als vergleichsweise günstige Werbemaßnahme, um Schlagzeilen zu generieren und queere Tourist*innen anzuziehen, sowie als ausdrückliches Bekenntnis zu Vielfalt. (cw/pm)














