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Buchtipp
Queere Selbstrepräsentation: Wenn Porträts zu Stimmen werden
Das neue Fotobuch "Beyond Binary" von Jeannette Petri feiert Geschlechtervielfalt jenseits binärer Grenzen – zwischen Collage, Manifest und zärtlichem Stolz.

Porträt (Ausschnitt) aus dem Fotobuch "Beyond Binary" (Bild: Jeannette Petri)
- Von
11. Oktober 2025, 14:32h 3 Min.
Die Einteilung der Welt in "männlich" und "weiblich" prägt nahezu alle gesellschaftlichen Bereiche: von amtlichen Formularen über medizinische Diagnosen bis hin zu öffentlichen Toiletten. Diese binäre Ordnung vermittelt den Eindruck von Klarheit und Natürlichkeit. Dabei verschleiert sie, dass Geschlecht kein starres System, sondern ein unendliches Spektrum ist. Menschen, die außerhalb dieser Kategorien leben, machen das tagtäglich sichtbar – und stoßen dabei nicht selten auf Ignoranz, Unverständnis oder offene Feindseligkeit.
Das Fotobuch "Beyond Binary" (Amazon-Affiliate-Link ) von Fotograf*in und Herausgeber*in Jeannette Petri setzt hier an. Es entwirft einen utopischen Raum der Geschlechterdiversität, in dem nichtbinäre und trans Personen selbstbewusst und verletzlich zugleich zu Wort kommen. Als Langzeitprojekt angelegt, versteht sich das Buch als offenes Archiv queerer Selbstrepräsentationen. Entstanden ist ein vielstimmiges, visuell kraftvolles Werk, das persönliche Geschichten mit politischer Dringlichkeit verbindet.
Porträts und handgeschriebene Briefe

Das Fotobuch "Beyond Binary" ist im September 2025 im Verlag Kettler erschienen
Im Zentrum stehen Porträts und handgeschriebene Briefe von Menschen mit (trans) nichtbinären Identitäten. Sie sind zwischen 15 und 72 Jahren alt und bringen ganz unterschiedliche Lebensrealitäten mit: darunter People of Color, neurodiverse und behinderte Menschen, Eltern, Künstler*innen, Aktivist*innen. Allen gemeinsam ist der Mut, sich jenseits von aufoktroyierten Kategorien und Normen zu zeigen.
Die Porträtierten beantworten zwei Fragen: "Was ist deine Geschlechtsidentität, und was bedeutet es für dich, (trans*) non-binär zu sein?" sowie "Was wünschst du dir für unsere Gesellschaft in der Zukunft in Bezug auf Gender?". Die Antworten reichen von Gedichten über biografische Erzählungen bis hin zu Gekritzeltem oder Zeichnungen – so unterschiedlich wie Queersein selbst.
Petri versteht Geschlechtervielfalt intersektional: In den Briefen geht es nicht nur um Gender, sondern auch um Rassismus, Ableismus, Neurodiversität, polyamore Familienstrukturen, Elternschaft, Traumata und Diskriminierung. Die Porträts strahlen Stolz, Sanftheit und Entschlossenheit aus und summieren sich zu einem kollektiven Statement gegen das patriarchale System.

Doppel-Porträt (Ausschnitt) aus dem Fotobuch "Beyond Binary" (Bild: Jeannette Petri)
Gestalterisch erinnert "Beyond Binary" an eine Collagen-Mappe aus der Bildenden Kunst. Fotos, handschriftliche Notizen und Zeichnungen fügen sich zu einer offenen Struktur, die sich jederzeit erweitern ließe. Auf dem Cover prangt das Porträt von Quinn vor rosa Hintergrund, das uns im Buch wiederbegegnet. Dazu glitzert die silbern-regenbogenfarbene Schrift. Ein starkes visuelles Signal.
"Beyond Binary" ist mehr als ein Fotobuch
Das Buch ist intim und persönlich, ohne jedoch privat zu werden. Man spürt das Vertrauen zwischen Fotograf*in und Porträtierten. Dabei entsteht nicht minder ein seltener Moment echter queerer Selbstrepräsentation.
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Im Innenteil bietet ein Glossar von Valo Christiansen wichtige Begriffserklärungen, ergänzt durch einen Essay von Luca Mael Milsch unter dem Titel "Mit der Zeit brechen". Darin heißt es: "No Pride for some of us without liberation for all of us." Dieser Satz könnte ebenso gut als Leitmotiv über dem gesamten Projekt stehen. Passend dazu wurde für die Publikation eine eigens entwickelte post-binäre Schrift verwendet. Ein subtiles, aber kraftvolles Statement.
"Beyond Binary" ist mehr als ein Fotobuch. Es ist Dokument, Manifest und zärtliche Hommage an die Vielfalt innerhalb der Vielfalt. Es zeigt eindrucksvoll, dass nichtbinäre Identitäten keine Randerscheinung, sondern selbstverständlicher Teil gesellschaftlicher Realität sind. Gerade in Zeiten, in denen queere Menschen – besonders trans und nichtbinäre Personen – vermehrt Zielscheibe rechter Angriffe werden, setzt diese Publikation ein wichtiges Zeichen: Sichtbarkeit ist politisch.
Jeannette Petri (Hrsg.): Beyond Binary. Fotobuch. 160 Seiten. Verlag Kettler. Bönen 2025. Softcover: 35 € (ISBN 978-3-98741-205-9)
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