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Urteil in England
Trans Frau erhält wegen Sex mit transfeindlichem Mann Haftstrafe
Eine trans Frau in England erzählte ihrem Freund erst nach sexuellen Kontakten von ihrer Transidentität. Er zeigte sie an. Nun muss sie deswegen fast zwei Jahre in ein Männergefängnis.
- 13. Oktober 2025, 13:39h 4 Min.
Ein Gericht im nordenglischen Durham hat am Freitag eine trans Frau wegen sexuellen Missbrauchs zu 21 Monaten Haft verurteilt. Ihr Vergehen: Die 21-Jährige hatte sexuelle Kontakte mit einem Mann gehabt, ihm zuvor aber nichts von ihrer Transidentität erzählt. Queere Aktivist*innen verurteilten die Verurteilung.
Ciara W. hatte den gleichaltrigen Mann im Alter von 18 Jahren via Snapchat kennengelernt. Sie soll ihm laut BBC vor sexuellen Kontakten erzählt haben, dass sie ihre Tage habe, damit er sie nicht unter der Gürtellinie berührt. Sie hatte bislang keine operative Geschlechtsanpassung durchführen lassen. Später habe sie dem Mann von ihrer Trans-Identität erzählt. Dieser habe sie dann bei der Polizei angezeigt.
"Opfer" fühlte sich "körperlich krank"
Laut der Staatsanwaltschaft benutzte die trans Frau "Lügen und Täuschung", um ihren Freund zum Sex zu verführen. Dieser erklärte in einer Stellungnahme vor Gericht, er sei ein "heterosexueller Mann" und habe sich nach ihrem Coming-out "körperlich krank" gefühlt. Er habe sich so gefühlt, als ob die Angeklagte wegen ihrer Geschlechtsidentität einen Teil seiner Maskulinität weggenommen habe. In sozialen Netzwerken hätten sich Menschen zudem über ihn lustig gemacht.
Victoria Lamballe, die Anwältin der Angeklagten, erklärte hingegen, das Verhalten ihrer Mandantin sei nicht "rücksichtlos oder sadistisch" gewesen, vielmehr habe sie sich selbst für ihren Körper geschämt. W. habe sich seit ihrer Grundschulzeit als Mädchen identifiziert und sei deshalb "täglich gemobbt" worden. Daher habe sie "eine Fassade aufgebaut" und sich öffentlich "fast wie eine Karikatur ihrer selbst" präsentiert. "Sie wollte geliebt werden als diejenige Person, als die sie sich selbst ansieht". Zudem sei sie in schwierigen Verhältnissen aufgewachsen. Beide Elternteile seien etwa drogenabhängig gewesen.
Richter warf Angeklagter vor, zu "überzeugend" als Frau zu sein
Der Richter schloss sich der Staatsanwaltschaft an. Die Angeklagte sei eine Gefahr für die Öffentlichkeit. Sie sei zudem "frustriert", weil sie "Sex mit heterosexuellen Männern" wolle und diesen "per Definition" nur durch "Täuschung" erhalten könne. Zudem bedauerte er das "Opfer", weil es zusätzlich gelitten habe, nachdem Zeitungen über den Fall berichtet hätten und dabei auch "unvorteilhafte" Fotos der Angeklagten veröffentlicht hätten. Er warf der Angeklagten außerdem vor, ihre Transgeschlechtlichkeit "überzeugend" verstecken zu können. Die Angeklagte wurde auch verurteilt, zehn Jahre lang in einem Sexualstraftäter-Register eingetragen zu werden.
Ciara W. muss außerdem ihre Strafe in einem Männergefängnis absitzen, obwohl sie vor Gericht mit weiblichen Personalpronomen angesprochen wurde. Es würden Maßnahmen ergriffen, um die Gefahr von Übergriffen auf die trans Frau "zu minimieren", teilte das Gericht mit.
Aktivistin: Trans Frauen in "unmöglicher Situation"
Mehrere queere Aktivist*innen kritisierten das Vorgehen gegen die Angeklagte. Jane Fae von TransActual erklärte etwa, dass trans Frauen, die eine Beziehung wollten, in einer "unmöglichen Situation" seien. "Entweder muss man sich ganz früh outen und Gefahr laufen, zurückgewiesen oder gar verprügelt zu werden, oder man wartet". Dann könnte aber Strafverfolgung drohen. "Bisexuelle, cisgeschlechtliche Menschen, Konservative oder evangelikale Christen müssen ihren Status vor dem Sex ja auch nicht offenlegen. Warum wird das nur bei trans Menschen verlangt?" Trans Aktivistin India Willoughby beschrieb die Verurteilung als "barbarisch und inhuman".
In Großbritannien hat sich die Situation von trans Menschen seit einem Urteil des Höchstgerichts im April dramatisch verschlechtert. Der Supreme Court urteilte damals, dass sich trans Frauen nicht auf das Gleichbehandlungsgesetz berufen können und als Männer angesehen werden müssten (queer.de berichtete). Daraufhin erklärte Premierminister Keir Starmer, dass für ihn trans Frauen nicht mehr Frauen seien (queer.de berichtete).
Das Urteil hatte auch konkrete Verbote zur Folge: So dürfen trans Frauen nicht mehr in Frauenfußballteams mitwirken (queer.de berichtete). (cw)















