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Verweis auf Menschenrechte
Europarat besorgt über Situation von trans Menschen in Großbritannien
In Großbritannien gibt es derzeit eine regelrechte Hetzjagd gegen trans Menschen. Der Europarat weist das Land darauf hin, dass viele Maßnahmen gegen die Menschenrechtskonvention verstoßen könnten, die das Land unterzeichnet hat.

Menschenrechtskommissar Michael O'Flaherty warnt Großbritannien davor, dass die transfeindliche Politik des Königreichs gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstößt (Bild: Arno Mikkor, Aron Urb / wikipedia)
- 15. Oktober 2025, 14:07h 3 Min.
Michael O'Flaherty, der Menschenrechtskommissar des Europarates, hat sich in einem Brief an die britischen Behörden (PDF) besorgt über die Lage von trans Menschen im Königreich geäußert. Auch nach einem Urteil des britischen Höchstgerichtes Supreme Court, wonach sich trans Frauen nicht auf den Diskriminierungsschutz im Gleichbehandlungsgesetz berufen könnten, müsse sich das Land an die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) halten.
Die Menschenrechtskonvention garantiert trans Menschen ausdrücklich verschiedene Grundrechte wie das Recht auf persönliche Entfaltung. Insbesondere sind das Recht auf Achtung des Privatlebens (Art. 8 EMRK) und das Diskriminierungsverbot (Art. 14 EMRK) in der Konvention festgehalten. O'Flaherty warnte daher vor Maßnahmen, die trans Menschen von vielen Bereichen des öffentlichen Lebens ausschließen könnten. Zudem kritisierte er Tendenzen, wonach die Anerkennung von Menschenrechten als Nullsummenspiel angesehen wird – die Beschneidung der Rechte von trans Frauen also als Sieg für die Rechte (cisgeschlechtlicher) Frauen gewertet werde. Dies würde Vorurteile gegen trans Menschen fördern.
"Gefahr von Gewalt" gegen trans Menschen
Konkret schrieb der irische Jurist, die Gesetze dürften die Anerkennung des Geschlechts einer trans Person nicht in der Realität entwerten. Er zeigte sich auch darüber besorgt, dass sich trans Menschen in geschlechtergetrennten Räumen stets outen müssten. "Neben Fragen der Privatsphäre könnte die Vorgabe, das eigene Geschlecht bei der Geburt kundtun zu müssen, auch die Gefahr von Belästigungen, Missbrauch und sogar Gewalt vergrößern", heißt es in dem Brief.
Das Supreme-Court-Urteil hat zu einer wahren Trans-Panik in der britischen Öffentlichkeit beigetragen: So rief die bekannte britische Autorin J.K. Rowling im August zum Boykott einer großen Kaufhauskette auf, weil diese trans Menschen beschäftigt (queer.de berichtete). Auch der britische Premierminister Keir Starmer hat erklärt, dass er trans Frauen künftig nicht mehr als Frauen ansehe (queer.de berichtete).
Für Kritik sorgte auch ein Urteil gegen eine trans Frau vergangene Woche: Ihr war vorgeworfen worden, ihrem Partner vor sexuellen Handlungen nicht von ihrer Transidentität erzählt zu haben. Dafür wurde sie zu 21 Monaten Haft verurteilt – in einem Männergefängnis (queer.de berichtete).
Großbritannien zählt zu den Gründungsmitgliedern des von der Europäischen Union unabhängigen Europarates, der seit 1949 aktiv ist. Damit hat sich das Land auch zur Einhaltung der Europäischen Menschenrechtskonvention verpflichtet, über dessen Einhaltung der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg wacht.
Dem Europarat gehören alle europäischen Länder an – mit Ausnahme der Diktaturen Russland und Belarus sowie des Vatikanstaats. Auch das Kosovo ist kein Mitglied, weil nicht alle Mitgliedsstaaten dessen Unabhängigkeit anerkennen.
Konservative und Rechtsaußen-Partei wollen aus Europarat austreten
Inzwischen setzen sich die konservativen Tories sowie die rechtspopulistische Partei Reform UK von Nigel Farage für den Austritt Großbritanniens aus dem Europarat ein. Als Grund nennen sie die Einschränkung britischer Souveränität, insbesondere in der Migrations- und Asylpolitik. Die regierende Labour-Partei und andere Akteur*innen warnen aber davor, dass ein Austritt kompliziert sei und schwerwiegende Folgen haben könnte, etwa für Minderheitenrechte, die internationale Reputation und bestehende Verträge wie das Friedensabkommen in Nordirland.
Der Europarat spielte in der Vergangenheit auch eine entscheidende Rolle bei LGBTI-Rechten im Königreich: 1981 entschied der Menschenrechtsgerichtshof etwa, dass Nordirland als letzter Landesteil des Königreichs sein Homosexuellenverbot aufheben müsse, weil dieses gegen das Recht auf Privatleben (Art. 8 EMRK) verstoße. Auch das Verbot von Homosexuellen in den britischen Streitkräften wurde nach zwei Entscheidungen des Straßburger Gerichts aus dem Jahr 1999 aufgehoben. (dk)














