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Lebenspartnerschaftsgesetz
Polen: Regierung will gleichgeschlechtliche Paare anerkennen, Präsident ist dagegen
Polen gehört zu den wenigen EU-Ländern, die gleichgeschlechtliche Paare nicht anerkennen. Nach dem Willen der Mitte-links-Regierung soll sich das ändern, der rechtspopulistische Präsident droht jedoch mit einem Veto.

Kann die Tusk-Regierung zumindest eine Mini-Anerkennung von gleichgeschlechtlichen Paaren durchsetzen? (Bild: EU2017EE Estonian Presidency / flickr)
- 20. Oktober 2025, 13:37h 3 Min.
Die polnische Mitte-links-Koalition von Ministerpräsident Donald Tusk hat am Freitag einen Kompromissvorschlag für die Anerkennung von gleichgeschlechtlichen Paaren vorgestellt. Demnach könnten zwei Erwachsene, darunter auch gleichgeschlechtliche Paare, vor einem Notar oder einer Notarin einen individuellen Vertrag schließen. Die Paare wären dann etwa im Erbfall abgesichert, könnten sich bei der Einkommensteuer gemeinsam veranlagen oder hätten Zugang zu medizinischen Informationen des Gegenübers. Allerdings dürften sie keinen gemeinsamen Namen führen und auch nicht gemeinsam Kinder adoptieren.
Der Entwurf ist ein Kompromissvorschlag der Regierungsparteien, die von Linken über Liberale bis zu Konservativen reicht. Die sozialdemokratische Staatssekretärin Katarzyna Kotula, eine Befürworterin von LGBTI-Rechten, erklärte etwa, man sei den Konservativen "auf halbem Weg entgegengekommen". Władysław Kosiniak-Kamysz von der konservativen PSL sagte, der Entwurf könne die Unterstützung des gesamten politischen Spektrums erreichen.
Präsident gegen "Alternative zur Ehe"
Allerdings gilt als eher unwahrscheinlich, dass der Entwurf den Segen des Präsidenten Karol Nawrocki bekommt, der letztes Jahr als Kandidat der rechtspopulistischen PiS-Partei gewählt worden war. Sein Stabschef Paweł Szefernaker erklärte am Sonntag auf X, dass der Präsident "keiner Lösung zustimmen wird, die eine Alternative zur Ehe erschaffen würde". Viele der Rechte müssten "exklusiv der Ehe" gehören.
/ szefernakerPrezydent Karol Nawrocki przedstawi w trakcie kampanii jasny pogld na spraw uregulowania statusu osoby najbliszej. Maenstwo i rodzina znajduj si pod ochron i opiek Rzeczypospolitej – i to stanowi fundament dla dyskusji nad projektem ustawy o statusie osoby najbliszej.
Pawe Szefernaker (@szefernaker) October 19, 2025
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PiS spricht von "ultralinker Lösung"
Auch die PiS-Partei macht bereits Stimmung gegen den Entwurf: PiS-Chef Jarosław Kaczyński bezeichnete den Entwurf auf X als "ultralinke Lösung", der die (heterosexuelle) Familie angreife. "Der Vorschlag, Lebenspartnerschaften vor einem Notar zu schließen, ist nicht nur offensichtlich verfassungswidrig, sondern zielt auch darauf ab, die traditionelle Ehe durch Pseudopartnerschaften zu ersetzen."
Um das Veto des Präsidenten zu überstimmen, ist im Parlament eine Drei-Fünftel-Mehrheit notwendig, über die die augenblickliche Koalitionsregierung nicht verfügt. Sie wäre auf Unterstützung von Teilen der PiS angewiesen.
Derzeit ist Polen neben Rumänien, Bulgarien, der Slowakei und Litauen eines von nur fünf EU-Ländern, die bislang noch gar keine amtliche Eintragung von gleichgeschlechtlichen Paaren zulassen. Auch im Ausland geschlossene gleichgeschlechtliche Ehen werden nicht anerkannt. Damit verstößt Polen laut einem EU-Gutachten vom April wohl gegen Europarecht (queer.de berichtete). Hintergrund ist die Klage zweier Männer, die in Berlin geheiratet hatten, und jetzt in Polen leben möchten. Die Nichtanerkennung schränke die Männer ein, sich frei innerhalb der EU zu bewegen, was eines der Grundrechte in der Union sei, heißt es in dem Gutachten. In Kürze wird wohl der Europäische Gerichtshof in dem Fall entscheiden. (dk)














