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Sanae Takaichi
Japans erste Regierungschefin: Wie steht sie zu LGBTI-Rechten?
Mit Sanae Takaichi erhält Japan erstmals eine Ministerpräsidentin. Bei queeren Rechten ist die "eiserne Lady" zurückhaltend.

Sanae Takaichi nach ihrer Wahl zur ersten Ministerpräsidentin Japans (Bild: IMAGO / AFLO)
- 21. Oktober 2025, 14:06h 3 Min.
Japans stramm nationalkonservative Ex-Innenministerin Sanae Takaichi ist am Dienstag im Parlament zur ersten Regierungschefin ihres Landes gewählt worden. Die 64-Jährige tritt die Nachfolge des vergleichsweise liberalen Shigeru Ishiba an, der nach Wahlniederlagen ihrer Liberaldemokratischen Partei (LDP) kürzlich seinen Rücktritt erklärt hatte. Takaichi verdankt ihre Wahl dem neuen Bündnispartner der LDP, der konservativ-neoliberalen Partei Ishin.
Das Oppositionslager konnte sich nicht auf einen gemeinsamen Kandidatur einigen. Da die LDP als größte Partei jedoch auch mit der Ishin eine Mehrheit im Parlament knapp verfehlt, wird sie weiterhin eine Minderheitsregierung stellen. Dass die Ishin kein einziges Mitglied in Takaichis neuem Kabinett stellt, zeigt nach Auffassung von Expert*innen die vorsichtige Distanz der Partei zum großen Regierungspartner. Auch deshalb erscheine das Bündnis noch instabil.
Takaichi ist Gegnerin der Ehe für alle
Queere Menschen dürfen sich von der ersten weiblichen Regierungschefin des Landes nicht allzu viel erhoffen. Japan ist derzeit das einzige G7-Land, das gleichgeschlechtliche Partnerschaften nicht anerkennt. Takaichi hat jedoch mehrfach erklärt, dass sie die Gleichbehandlung von Schwulen und Lesben ablehne und dabei auf die japanische Verfassung verwiesen. Dort werden zwar gleichgeschlechtliche Paare nicht direkt erwähnt, allerdings ist die Rede von der Ehe als "gegenseitiges Einverständnis zweier Geschlechter". Gleichzeitig haben in der Vergangenheit Gerichte die Nichtanerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften in dem Land als "verfassungswidrige Situation" beschrieben, weil dies gegen grundlegende Verfassungsrechte verstoße (queer.de berichtete). Dazu zählen das Recht auf Gleichheit, die verfassungsrechtlich geschützte Ehefreiheit sowie das Recht auf das Streben nach Glück. Weitere Gerichtsurteile könnten die Regierung in dieser Frage unter Druck setzen.
Trotz ihrer Ablehnung der Ehe für alle hat sich die neue Regierungschefin in der Vergangenheit für zarte Reformen ausgesprochen. 2023 sagte sie etwa im Rahmen einer Befragung im Haushaltsausschuss des Repräsentantenhauses: "Ich denke, dass gegenüber sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität keine Vorurteile bestehen dürfen. Ich unterstütze die Förderung von Verständnis an sich. Derzeit liegt aber in der LDP noch keine gemeinsame Position vor." Gleichzeitig warnte sie jedoch davor, dass zu starker gesetzlicher Schutz "neue Spaltungen" hervorrufen könne.
"Eiserne Lady" Japans
Takaichi, die früher Schlagzeug in einer Heavy-Metal-Band spielte und sich nach Vorbild der britischen Ex-Premierministerin Margaret Thatcher gern als Japans "Eiserne Lady" präsentiert, steht ansonsten vor großen Herausforderungen. Sie muss nicht nur eine Partei führen, die nach Finanzskandalen kämpft, das Vertrauen der Wähler*innen zurückzugewinnen. Sie muss auch ein Land führen, das mit rapider Alterung der Bevölkerung und geopolitischen Spannungen zu kämpfen hat. In wenigen Tagen reist US-Präsident Donald Trump an, der ungeachtet Japans massiver Verschuldung mehr Geld für die Stationierung des US-Militärs fordern dürfte.
Sie könnte als Reaktion etwa die Politik des 2022 ermordeten Ex-Ministerpräsidenten Shinzo Abe fortsetzen, der die Wirtschaft mit Konjunkturspritzen zum Laufen bringen wollte. Angesichts einer Staatsverschuldung von über 250 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gilt dies aber als gefährlich. Zum Vergleich: Deutschlands Schuldenquote lag letztes Jahr bei 62 Prozent.
Takaichi teilt auch Abes nationalistische und revisionistische Ansichten und ist bekannt für ihre Pilgergänge zum umstrittenen Kriegsschrein Yasukuni in Tokio. Dort wird der in Kriegen für das japanische Kaiserreich Gestorbenen gedacht – darunter auch verurteilte und hingerichtete Kriegsverbrecher.
Mit Takaichi hofft die LDP, konservative Wähler zurückzugewinnen, die sich der rechtsextremen Kleinpartei Sanseito zugewandt haben. Die offen ausländerfeindliche Partei konnte bei der Wahl zum Oberhaus des nationalen Parlaments im Juli deutlich zulegen. Auch Koalitionspartner Ishin macht Stimmung gegen Zuwanderung – und hält auch von LGBTI-Rechten nicht viel. (dpa/cw)















