Hauptmenü Accesskey 1 Hauptinhalt 2 Footer 3 Suche 4 Impressum 8 Kontakt 9 Startseite 0
Neu Presse TV-Tipps Termine
© Queer Communications GmbH
https://queer.de/?55517

Unions-Fraktionschef

Spahn verteidigt Merz' "Stadtbild"-Äußerung: Schwule und Lesben "zeigen sich aus Angst nicht mehr"

Zu nebulös, rassistisch, spalterisch – die Kritik an der "Stadtbild"-Aussage des Kanzlers reißt nicht ab. Unterstützung erhält Friedrich Merz aber von seinem schwulen Fraktionschef.


Jens Spahn stellt sich hinter Kanzler Merz (Bild: RTL)

  • 22. Oktober 2025, 10:34h 4 Min.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) schlägt wegen seiner Bemerkungen über das "Stadtbild" und die Migration weiter geballte Kritik entgegen – selbst aus den eigenen Reihen. Unterstützung erhält er jedoch von Unions-Fraktionschef Jens Spahn. Der schwule CDU-Politiker erklärte in der RTL/ntv-Sendung "Frühstart", die Debatte beschäftige Bürger mit und ohne Migrationshintergrund. "Die sehen ja, was los ist auf den Straßen. Wir haben ganze Stadtteile, da sieht man nur noch Männer, kaum Frauen, wenn, dann mit Kopftuch oder verschleiert. Wir haben Straßenzüge, wo Juden sich nicht trauen, Kippa oder Davidstern zu zeigen. Das hat was verändert", so Spahn.

Es gäbe zudem Viertel, "in denen Schwule und Lesben sich nicht mehr zeigen, wie sie sind, wen sie lieben, aus Angst davor, angefeindet zu werden". Spahn sagte, es gebe auch Bahnhöfe und Marktplätze, an denen "junge Männer oft ausreisepflichtig rumlungern, die Leute anmachen, Frauen ansprechen". Dies beschäftige "vernünftige Bürger" jeder Nationalität und Hautfarbe im Land.

Merz hatte vergangene Woche auf einer Pressekonferenz in Potsdam auf die Frage zum Erstarken der AfD unter anderem gesagt, man korrigiere frühere Versäumnisse in der Migrationspolitik und mache Fortschritte. "Aber wir haben natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem, und deswegen ist der Bundesinnenminister ja auch dabei, jetzt in sehr großem Umfang auch Rückführungen zu ermöglichen und durchzuführen." Am Montag blieb Merz bei seiner Haltung und sagte: "Fragen Sie mal Ihre Töchter, was ich damit gemeint haben könnte. Ich vermute, Sie kriegen eine ziemlich klare und deutliche Antwort. Ich habe gar nichts zurückzunehmen."

Am Wochenende hatte es Demos gegen die Merz-Aussage gegeben. Dabei wurde auch die Befürchtung geäußert, dass Merz heute verbal gegen Ausländer*innen vorgehen könne – und morgen möglicherweise gegen queere Menschen (queer.de berichtete).

Vom Koalitionspartner SPD kommt nun vermehrt der Vorwurf an den Kanzler, sozialen Unfrieden zu stiften. Linke und Grüne hielten dem CDU-Chef Rassismus und AfD-Rhetorik vor. Selbst in der eigenen Partei gab es kritische Stimmen und den Wunsch nach Klarstellung. Am Abend machten vor der CDU-Zentrale in Berlin Tausende Menschen ihren Unmut gegen Merz Luft.

Vereinzelte Kritik auch aus der Union

Ex-Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet (CDU) hält die "Stadtbild"-Aussage für "zu nebulös". Die Unklarheit dessen, was Merz damit gemeint habe, könnte die AfD für sich nutzen, sagte der heutige Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags in Düsseldorf. Die AfD werde bei der nächsten Bundestagswahl natürlich fragen, ob das "Stadtbild" besser geworden sei, sagte Laschet.

Merz hätte klarer formulieren können, was er gemeint habe, so Laschet. Es gehe beim Stadtbild nicht nur um Migration. Zum Stadtbild gehörten etwa auch von deutschen Süchtigen weggeworfene Drogenspritzen in Parks, Antisemiten, die Hamas-Parolen brüllten oder Rechtsradikale, die durch Straßen zögen. Auch der Chef des CDU-Sozialflügels, Dennis Radtke, hatte sich kritisch zu Merz' Wortwahl geäußert. Viele in der Union waren dem CDU-Chef aber beigesprungen.

- w -

Vorwurf der AfD-Rhetorik

Ganz anders Linke und Grüne. Linksfraktionschefin Heidi Reichinnek warf Merz vor, er instrumentalisiere Frauen für "blanken Rassismus". "Wenn Frauen nachts allein nach Hause laufen, haben sie keine Angst vor Migranten, sie haben Angst vor Männern. Das Problem ist eine gewalttätige und grenzüberschreitende Männlichkeit", sagte Reichinnek dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Der gefährlichste Ort für Frauen sei ihr eigenes Zuhause. Ginge es Merz um den Schutz von Frauen vor Gewalt, müsste er die Finanzierung von Frauenhäusern und Beratungsstellen sichern und in Gewaltprävention investieren, sagte Reichinnek.

Grünen-Fraktionsvize Misbah Khan kritisierte: "Merz schlägt Töne an, wie wir sie sonst von der AfD hören."

Im Ton vergriffen und "Schwammige Sprache"

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Ralf Stegner griff Merz ebenfalls scharf an: "Mit seinen Stadtbild-Äußerungen vergreift sich der Bundeskanzler im Ton. Er bedient eine Ausländer-raus-Stimmung, bietet keine Lösungen an und stiftet damit sozialen Unfrieden", sagte Stegner dem "Tagesspiegel". Die Äußerungen von Merz trügen auch "nicht dazu bei, die Stimmung in der Koalition zu verbessern". An der SPD-Basis seien viele "entsetzt über die Worte des Kanzlers".

Stegner betonte zugleich: "Niemand bestreitet, dass es in Städten Probleme gibt, und dass sich Menschen vor allem abends oft unsicher fühlen, wenn sie zum Beispiel auf größere Gruppen junger Männer treffen. Diese Dinge müssen wir, auch die SPD, lösen."

/ countUP | Wie erklärt Merz diese Diskrepanz? Die Stadt-Töchter unterstützen den Kanzler (und auch Rechtsextreme) weit weniger als die Land-Männer
Datenschutz-Einstellungen | Info / Hilfe

Am Dienstagabend demonstrierten vor der CDU-Zentrale in Berlin nach Polizeiangaben rund 2.000 Menschen unter dem Motto "Feministische Kundgebung: Wir sind die Töchter". Die Veranstalter*innen sprachen von 7.500 Teilnehmenden. Mit dabei waren auch die Grünen-Co-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge und frühere Grünen-Parteichefin Ricarda Lang. Am Mittwoch soll es auch eine Demo in Kiel geben, die von Fridays for Future organisiert wird. (dpa/cw)

-w-