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Alf verguckt sich in einen Mitschüler – dann geschieht ein Verbrechen
Das mexikanische Drama "Fine Young Men" ist ein ungewöhnlicher queerer Film, der harmlos beginnt und dann zu einem spannenden Thriller umschlägt.

Alf und seine Macho-Clique saufen und reden nur über Mädchen. Doch der Teenager nähert sich auch dem etwas eigenwilligen Oliver an – bis eine Gewalttat die Schule erschüttert (Bild: Cinemien)
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23. Oktober 2025, 06:20h 3 Min.
Nicht etwa Tequila trinken sie, wie man in Mexiko vermuten würde. Sondern Wodka, und zwar in Massen. Sie kippen den Schnaps runter, als wäre es Limo. Die Jungs in Alfs Clique spornen sich immer weiter an, noch mehr zu trinken. Sie saufen hemmungslos – im wahrsten Sinne des Wortes.
Viel mehr haben die gutaussehenden und beliebten Freunde des 17-jährigen Alf nicht im Sinn: Partys, Wodka und über Mädchen sprechen. Sie gehen in ein katholisches Eliteinternat, tragen feine Anzüge im Unterricht. Von außen betrachtet, sind sie die schnieken jungen Männer, die dem Film ihren Titel geben.
Alf interessiert sich für den Ukulele spielenden Oliver

Poster zum Film: "Fine Young Men" startet am 23. Oktober 2025 in ausgewählten Programmkinos
Alf kam gerade erst zurück nach Mexiko, davor lebte er ein Jahr in den USA. Sein Vater ist irgendein wichtiger Politiker. Die Familie lebt in einer gigantischen modernen Villa, die Hausangestellten fragen, ob Alf lieber drinnen oder im Garten frühstücken möchte. Es ist eine privilegierte, abgeschottete Welt.
Während seiner Abwesenheit hat sich Alf offensichtlich weiterentwickelt. Mit seinen Macho-Kumpeln kann er nicht mehr so viel anfangen. Stattdessen interessiert er sich für Oliver, den etwas eigenwilligen Jungen, der Ukulele spielt. Die anderen Jungs wundern sich. Was will er denn mit dem Schwulen? Das scheint ihn gar nicht so sehr zu stören. Alf geht zielstrebig und forsch auf Oliver zu, versucht sogar, ihn zu küssen.
Vorhersehbar, bis ein Verbrechen geschieht
Bis dahin entwickelt sich "Fine Young Men" wie ein queeres Coming-of-Age-Drama, das man schon hundertmal gesehen hat: Ein hetero wirkender Junge stellt sich gegen seine coolen Kumpel, um mit dem etwas nerdigen Schwulen zusammenzukommen, der die eigentlich viel liebere Clique hat.
Man hat den Film des mexikanischen Regisseurs Alejandro Andrade Pease schon fast als vorhersehbaren und klischeehaften Schema-F-Durchschnitt abgehakt, als er überrascht. Denn die Schule wird plötzlich von einem Verbrechen erschüttert.
Gelungener Genrewechsel
Das Coming-of-Age-Drama vollzieht einen ungewöhnlichen, aber gelungenen Genrewechsel hin zu einem politischen Thriller. Statt harmloser Flirterei und nerviger homofeindlicher Machismo-Kultur sehen wir echte Gewalt und folgenschwere Vertuschungen. Auch Bildgestaltung, Schnitt und Musik sind weniger unauffällig, sondern setzen auf einmal deutliche Akzente.
Damit erweitert "Fine Young Men" auch seinen gesamtgesellschaftlichen Anspruch: Statt einer verschüchterten sexuellen Erweckungsgeschichte werden plötzlich gewaltige Probleme in Mexiko verhandelt: Gewalt gegen Frauen, politische Einflussnahme auf Ermittlungen, Korruption unter Eliten – und wie queerfeindliche Untertöne dazu beitragen.
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Kein "Heartstopper" auf Mexikanisch
Dem Film rund um Hauptdarsteller Andrés Revo als Alf gelingt ein Spannungsbogen, der bis in die letzte Einstellung reicht. Die Zerrissenheit ist ihm deutlich anzumerken, auch wenn seine Clique noch deutlich nuancierter dargestellt werden könnte.
Wer also eine mexikanische Version von "Heartstopper" erwartet mit hübschen Jungs in Anzügen, die trotz Widrigkeiten langsam ihre Gefühle füreinander entdecken, der wird das nicht bekommen. Wer einen ungewöhnlichen, soliden Thriller schätzt, kann bei "Fine Young Men" fündig werden. Denn queere Geschichten müssen nicht immer sanft, süß oder bitter und traurig erzählt werden – manchmal sind sie politisch und brutal.
Fine Young Men. Drama. Frankreich, Mexiko. Spanien 2024. Regie: Alejandro Andrade Pease. Cast: Andrés Revo, Emilio Puente, María Aura, Moisés Arizmendi, Tomás Rojas, Verónica Toussaint. Laufzeit: 90 Minuten. Sprache: spanische Originalfassung mit deutschen Untertiteln. FSK 16. Verleih: Cinemien. Kinostart: 23. Oktober 2025
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