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- 22. November 2006 3 Min.
Mit dem prämierten Entwurf des Berliner Homo-Mahnmals würde der einmütige Beschluss des Bundestags von 2003 missbraucht.
Von Queer Nations e.V.
In diesen Tagen sollen in Berlin die baurechtlichen Voraussetzungen für die Errichtung des Mahnmal für die homosexuellen Opfer des Nationalsozialismus geschaffen werden. Wir legen gegen diese Politik der vollendeten Tatsachen Widerspruch ein. Wir wollen nicht verkennen, dass homosexuelle Männer unter dem Nationalsozialismus Verfolgung ausgesetzt waren – bis hin zur KZ-Haft sowie der Tötung der Männer mit dem Rosa Winkel. Aber der einmütig von allen Bundestagsfraktionen im Jahre 2003 gefasste Beschluss für ein solches Mahnmal würde mit der prämierten Arbeit der skandinavischen Künstler Ingar Dragset und Michael Elmgreen missbraucht, um abermals das Gedenken und die Erinnerung auch an die Diskriminierung, Unterdrückung und Verfolgung von Lesben während der Zeit des Nationalsozialismus zu ignorieren und zu verschweigen. Denn der Entwurf, der auf Basis einer männerdominierten Jury den Wettbewerb gewonnen hat, spiegelt lediglich die systematische Verfolgung der schwulen Opfer des nationalsozialistischen Regimes wider.
Gegen das geplante Mahnmal haben über Tausend Frauen und Männern aus Politik, Verbänden und Einzelpersonen Einspruch eingelegt - nachdem klar war, dass die Mahnmalsinitiative wie die Künstler nicht willens waren und sind, ihren Entwurf im Hinblick auf die Unterdrückung und Ausgrenzung lesbischer Frauen zu erweitern. Mit dieser Ignoranz missachten sie den Willen und den Beschluss des Bundestages, der ausdrücklich eine Würdigung auch der lesbischen Opfer mitverlangt.
Sind Diskriminierung und Repression von Lesben nicht der Würdigung wert ?
Von Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) wie von Monika Griefahn (SPD), Vorsitzende des Kulturausschusses des Bundestags, wünschen wir dringlich eine politische Initiative, die behilflich ist, die Debatte neu zu eröffnen: ein künstlerischer Entwurf, der vergangenheitspolitisch und im Hinblick auf die Zukunft lediglich Männer zum Zentrum der ästhetischen wie politischen Perspektive macht, kann von uns nicht akzeptiert werden. Es entwertet das Mahnmal, ehe es überhaupt erreicht wird. Daran kann keiner demokratischen Partei gelegen sein, keinem Bürger und keiner Bürgerin, deren Anliegen es sein muss, die Geschichte der Verfolgung und Diskriminierung homosexueller Menschen zu würdigen.
Wir bitten die politisch Verantwortlichen, den einseitig männlichen Zuschnitt des Entwurfs zu überdenken, damit er mit dem Bundestagsbeschluss aus dem Jahre 2003 vereinbar wird. Besucher, die dieses bislang projektierte Mahnmal in Augenschein nehmen möchten und ja auch sollen, auch Besucher kommender Generationen, müssten den Eindruck gewinnen, dass die Diskriminierung und Repression von Lesben nicht der Würdigung wert ist. Dieses Mahnmal bringt die Lebensläufe und die Leiden von Lesben zum Verschwinden: Für ein demokratisch-rechtsstaatliches Land wie die Bundesrepublik Deutschland wäre dies eine gröbliche Verletzung ihres gesellschaftlichen Konsenses, Opfern wenigstens Raum für ihre Repräsentation zu stiften.
22. November 2006
Links zum Thema:
» www.queer-nations.de












