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- 02. März 2004 3 Min.
Von Norbert Blech
"Verarschung" gehört nicht gerade zu den Worten, die ein halbwegs wortgewandter und erfahrener Journalist verwenden sollte. Das Wort wird gerne und vereinfachend von Stammtischen zur Unmutsbekenntnis genützt und wird der Sache selten gerecht.
Nun handelt es sich bei den Presseerklärungen des Parteirats und der Bundestagsfraktion der Grünen um eine eindeutige Verarschung: es gibt hier Halbwahrheiten mit deutlicher Täuschungsabsicht.
"'In einem weltoffenen und modernen Land muss gesetzlich klar geregelt werden, dass niemand aufgrund des Geschlechts, der ethnischen Herkunft, der Religion oder Weltanschauung, der sexuellen Identität, des Alters oder aufgrund einer Behinderung diskriminiert werden darf'", heißt es in dem Parteiratsbeschluss", behauptet die Pressemitteilung zu einem mal wieder ins Gespräch gebrachtem Antidiskriminierungsgesetz (ADG).
Die Grünen wollen uns und der Öffentlichkeit also weismachen, ab demnächst dürfe niemand mehr Schwule diskriminieren. Wer erfahren will, dass dem nicht so ist, der muss schon den Beschluss lesen. Weiträumige Ausnahmen sollen gelten, vor allem für Kirchen und Hauseigentümer. Von denen, den Bischöfen und dem Verein Haus und Grund, hatte es vor der letzten Bundestagswahl bei einem ersten Gesetzentwurf zum ADG den meisten Protest gegeben.
Die nachfolgende SPD-Bundesjustizministerin Zypries zögerte deshalb lange mit der Umsetzung des ADGs. Die Grünen sind nun offenbar auch eingeknickt - und haben damit das ADG als nutzloses Stück Papier hinterlassen. Es ist trotz aller juristischen Verschleierei unverständlich, warum für die Kirchen und für Hauseigentümer ein Recht zur Diskriminierung eingräumt wird. Es ist unverschämt, dies als "Aufbruch für mehr Bürgerrechte und (in) eine moderne Gesellschaftspolitik" zu verkaufen.
Gelegen kommt den Grünen, dass die Öffentlichkeit die feinen Unterschiede kaum wahrnimmt. Ein Großteil der Deutschen vermutet wahrscheinlich mittlerweile, Ehe und Lebenspartnerschaft seien komplett gleichgestellt. Das ADG spielt in der gesellschaftlichen Diskussion erst recht keine Rolle - selbst unter Homos kaum noch. Da reicht es wohl, nur den Anschein zu erwecken, Reformen durchzuziehen.
Auch die Pressemitteilung zur Homo-Ehe ist ein Witz. Hier wird stolz auf die Anpassung der Handwerks- und Gewerbeordnungen sowie dem Gaststättengesetz an die Homo-Ehe verwiesen, so dass man schon froh sein darf, dass das Milch- und Margarinegesetz bereits mit dem ursprünglichen Lebenspartnerschaftsgesetz geändert worden ist. Erneut wird die vollständige Gleichstellung versprochen, unter anderem bei der Hinterbliebenenversorgung - und verschwiegen, dass erst kürzlich bei der Rentenreform die Chance zur Anpassung nicht genutzt wurde.
Zwei Jahre nach der Wahl klingen die immer gleichen Versprechungen ohne Umsetzung nur noch hohl. Das mag zum großen Teil Schuld der SPD sein, rechtfertigt aber weder Einknicken noch grobe Veraschungen der Wählerschaft. Im Grünen-Parteirat sitzen neben Volker Beck Angelika Beer, Reinhard Bütikofer, Claudia Roth, Fritz Kuhn, Renate Künast, Jürgen Trittin, Joschka Fischer, Katrin Göring-Eckardt, Bärbel Höhn, Krista Sager, Klaus Müller, Rebecca Harms, Steffi Lemke, Reinhard Loske und Astrid Rothe. Ihnen allen gilt unsere Homo-Gurke.
2. März 2004
Links zum Thema:
» s.a.: Grüne: ADG-Pläne eingeschränkt















Und jetzt die Grünen...
Dazu erstmal die Klarstellung, die Grünen haben die Homo-Ehe überhaaupt ermöglicht. Sonst gäbe es nämlich gar nichts bisher...
Davon abgesehen es stimmt, dass in dieser Wahlperiode noch nicht erledigt wurde, aber wegen Irakkrieg und Agenda 2010 konnten die Bürgerrechtsthemen nicht angegangen werden; das hätte der Wähler nict verstanden, wenn diese Themen als erstes angegangen worden wären.
So und jetzt warten wir ab, was wirklich dieses Jahr von SPD/Grünen umgesetzt wird. Eines ist klar von der CDU ist bisher noch nichts gemacht worden, diese haben in Karlsruhe geklagt (das wird ein homosexueller Wähler nicht so schnell vergessen!!!).
Darüberhinaus bleibt abzuwarten, wie wirklich die Gesetze aussehen werden. Eine Ausnahme für Hauseigentümern wäre der Hammer: aber ich glaube nicht, dass die Grünen dies zulassen werden.
Was bleibt sind die Kirchen und Religionsgemeinschaften und da solltet Ihr genauer hinschauen, wer da wirklich mit aller Macht hinter der Bühne versucht, diese Diskriminierungsmöglichkeit aufrechtzuerhalten. Das sind bestimmt nicht die Grünen.
Also bitte gebt die Homogurke an die CDU/CSU, die immer noch nichts für uns durchgesetzt haben. Wäre doch viel interessanter zu wissen, was diese Parteien uns geben wollen.
Die FDP wiederum hat zumindest einen Gesetzentwurf schon eingebracht, wenn auch dieser in Teilen mißlungen ist, so ist dies mehr als insbesondere die CSU uns bisher geben will.
So und daher bevor ihr ganz vorschnell die Homogurke verteilt,.werte ich erst, wenn ich die Gesetze sehe.