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- 09. Juli 2007 3 Min.
Die Community feierte in Kölle, Rainer Jarchow und Thomas Hermanns wurden mit der Kompassnadel geehrt.
Von Christian Scheuß
"Aufrecht gehen, aufrecht stehen!" trällerte es am vergangenen Wochenende von zahlreichen Wagen des Paradezuges auf dem Kölner CSD. Der Titel von Mary Roos war die (ein)gängige und passende Interpretation des etwas sperrigen CSD-Mottos des Cologne-Pride in diesem Jahr: "homo europaeicus: geht aufrecht!". Rund 600.000 Menschen feierten am Sonntag den Höhepunkt eines ereignisreichen schwul-lesbischen Wochenendes in der Domstadt.
Nach der traditionellen Aids-Benefiz-Gala am Freitagabend im Hotel Maritim, zog es am Samstagmittag rund 500 Gäste in den Gürzenich zum gemeinsamen Empfang von AIDS-Hilfe NRW und Schwules Netzwerk NRW. Der schwule Landesverband verlieh in diesem Jahr die Kompassnadel an den ehemaligen Aidspastor Rainer Jarchow und an den Entertainer Thomas Hermanns. Jarchow wurde für sein langjähriges ehrenamtliches Engagement ausgezeichnet, durch das die Aids-Stiftung "Positiv Leben" und die Kölner Aids-Hilfe entstand. Jarchow, der lange in Hamburg und jetzt in Berlin lebt, zeigte sich gerührt darüber, dass er trotz der langen Zeit in Köln nicht vergessen sei. Er versprach auch, sich für die Pläne einer neuen Stiftung einzusetzen, mit der künftig die Arbeit der schwul-lesbischen Selbsthilfe unabhängiger von staatlicher Förderung finanziert werden soll. "Wenn ihr mich im Beirat haben wollt, sprecht mich an," bot er sich an.
Thomas Hermanns, der zuvor den ausufernden Versuch einer Laudatio von seinem Freund und Schauspielerkollegen Georg Uecker über sich ergehen lassen musste, zeigte sich zwar nicht sehr bescheiden, was seinen Einsatz für die Emanzipation angeht: "Ich finde es toll, dass das Netzwerk es gemerkt hat." Aber er freute sich aufrichtig über die Auszeichnung: "Die Kompassnadel, das ist der Oscar der Schwulenbewegung!"
Der Kölner Lesben- und Schwulentag als Veranstalter der CSD-Parade hatte die politsiche Situation von Lesben, Schwulen und Transgenderpersonen in Europa im Fokus. KLuST-Vorstand Christian Lang kritisierte in seiner Rede nach der Parade besonders die neuen EU-Länder im Osten: "Ob Polen, Bulgarien oder Litauen - Mitglied der EU zu sein, bedeutet nicht nur eine Erweiterung des Binnenmarktes und Anrecht auf Brüsseler Subventionen. Es bedeutet auch eine Verpflichtung gegenüber den gemeinsamen europäischen Werten. Und diese sind nicht zuletzt die Unantastbarkeit der Menschenwürde, das Bürgerrecht und in unserem Fall vor allem Respekt vor einem selbst bestimmten Leben. Verbote von CSD-Paraden, die Entlassung von Lehrern, die in Schulen Aufklärungsarbeit leisten und staatliche Schikane gegenüber schwul-lesbischen Selbsthilfeorganisationen sind nur drei Beispiele eines weit verbreiteten Prinzips. Dieses Prinzip darf in Europa keinen Platz haben!" Ganz still wurde es vor der Hauptbühne auf dem Heumarkt, als mit Lichtern und Kerzen mit einer Schweigeminute den Opfern von HIV und Aids gedacht wurde.
Die Parade selbst verlief friedlich. Durch einen Wagenschaden und den Schwächeanfall eines CSD-Gastes kam es zu erheblichen Verzögerungen gleich beim Start, doch die mehr als 80 Wagen konnten dann dank eines gnädigen Wettergottes, der nach wochenlangem Regen endlich Sonne schickte, fröhlich und trocken durch die Innenstadt ziehen.














