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  • 13. August 2007 10 4 Min.

Diskriminierung ist in Deutschland seit einem Jahr verboten – die befürchtete Klagewelle ist ausgeblieben.

Von Dennis Klein

Vor einem Jahr trat ein umfassendes Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in Kraft. Noch bei seiner Verabschiedung durch die Große Koalition klagten die FDP und einige Unionsabgeordnete, dass das Gesetz eine Klagewelle ohnegleichen auslösen würde. Der deutsche Anwaltsverein warnte vor dem Aufkommen einer "Diskriminierungsbekämpfungsindustrie"
(queer.de berichtete). Jetzt hat sich der Rauch gelegt – und das umstrittene Gesetz erweist sich nicht als Arbeitsbeschaffungsprogramm für zwielichtige Anwälte. Eine Klagewelle gebe es nicht, erklärte Martina Köppen, die Beauftragte der Bundesregierung zur Umsetzung des AGG. "Dieses Horrorszenario ist nicht eingetreten", so Köppen gegenüber dem "Focus". Die wenigen Prozesse seien aber kein Zeichen, dass das AGG nur ein Papiertiger ist: "Das Gesetz hat die Sensibilität für Gleichbehandlungsfragen erhöht und positive Prozesse angeregt", ist sich Köppen sicher.

Das Gleichbehandlungsgesetz hat einen langen Weg hinter sich: Ursprünglich als Antidiskriminierungsgesetz (ADG) von Rot-Grün 2005 im Bundestag verabschiedet, blockierten Union und FDP die Vorlage erfolgreich im Bundesrat. Nachdem die Große Koalition das Zepter übernommen hatte, einigten sich Union und SPD doch noch weitestgehend auf den rot-grünen Entwurf – der Name wurde aber von ADG in AGG geändert (queer.de berichtete).

EU-Vorgaben umgesetzt

Die Regierung hatte auch keine Alternative zu dem Gesetz, handelte es sich doch zum Großteil lediglich um die Umsetzung von EU-Vorgaben aus Brüssel. Die Europäische Union hat zwischen 2000 und 2004 vier Richtlinien über Diskriminierungsverbote verabschiedet, die von den Nationalstaaten umgesetzt werden müssen. Deutschland muss handeln: Bereits Mitte 2003 hätte die Antirassismus-Richtlinie umgesetzt werden müssen, die Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft sowohl im Beruf (Arbeitsrecht) als auch beim Zugang zu öffentlich angebotenen Gütern und Dienstleistungen (Zivilrecht) verbietet. Diese Frist ist damals ohne Ergebnis abgelaufen. In der Bundesregierung war nämlich ein Streit darüber entstanden, wie weit das Diskriminierungsverbot gehen müsse. Die EU-Richtlinien forderten lediglich den Schutz in Arbeits- und Zivilrecht nur für die Merkmale ethnische Herkunft und Geschlecht. Für Weltanschauung, Religion, Behinderung, Alter und sexuelle Identität wollten die Brüsseler jedoch nur den Schutz im Beruf sicherstellen. Insbesondere die Grünen setzten sich dafür ein, dass Schwule und Lesben im Arbeitsrecht und im Zivilrecht geschützt sind. CDU, CSU und FDP wollten dagegen die EU-Vorgaben 1:1 umsetzen – d.h. bei Diskriminierung von Schwulen und Lesben im Job könnte geklagt werden, Diskriminierung beim Zugang zu Gütern wäre statt dessen in Ordnung gewesen.

Köppen sagte im "Spiegel", bislang hätten ihre Behörde schon 2.300 Anfragen erreicht. Es gebe zwar Missbrauchsversuche, allerdings hätten die keine Chance: "Es gab Männer, die darüber geklagt haben, dass sie im Unterhemd nicht in die Disco gekommen sind, während knapp bekleidete Frauen problemlos eingelassen wurden", plauderte Köppen aus dem Nähkästchen. "Die Gerichte sind in der Lage, fingierte Fälle von echter Diskriminierung zu unterscheiden und Abzocker zu enttarnen."

Arbeitgeber lehnen AGG weiter ab

Doch die Industrie ist noch keinesfalls überzeugt von den positiven Wirkungen des AGG. "Das Gesetz ist zwar gut gemeint, aber es hilf keinem", erklärte Kristina Schütt von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände gegenüber dem Magazin "Focus". "Es sollte dafür sorgen, dass Behinderte, Ältere oder Homosexuelle schneller eingestellt werden. Das ist auf keinen Fall geschehen. Die Arbeitgeber sind eher vorsichtiger geworden, weil die Rechtfertigung der Bewerberauswahl so schwierig geworden ist."

Volker Beck: Von der Leyen blockiert

Auch der Grünenpolitiker Volker Beck, einer der größten Fürsprecher des AGG, ist von der Umsetzung noch nicht begeistert. Er kritisiert, dass die Antidiskriminierungsstelle des Bundes nur schwach ausgestattet ist. Außerdem sei es ein "Skandal", dass sie ein Jahr nach der Einführung des Gesetzes noch immer nicht arbeitsfähig sei. Er beschuldigte Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU), die Einsetzung des Beirats zu blockieren. "«Der Gesetzgeber wollte, dass die von Diskriminierungen Betroffenen und ihre Interessenvertretungen mit der Antidiskriminierungsstelle zusammenarbeiten. Das scheint man an der Ministeriumsspitze nicht zu goutieren», kritisierte Beck gegenüber der Nachrichtenagentur ddp. Damit habe sich die Regierung seit einem Jahr "aus dem Politikfeld Antidiskriminierung komplett zurückgezogen", so Beck weiter.

13. August 2007

-w-

#1 wolfAnonym
  • 13.08.2007, 17:30h
  • na was war das für ein gekreische, von den üblichen religiösen ecken, den konservativen, merkwürdigerweise von vemietern und arbeitgebern, die liste lässt sich beliebig fortführen.
    und nichts ist passiert !!!!!!!
    nicht mal die zur umsetzung verdammte regierung ist in der lage zu reagieren oder zu regieren.

    was machen jetzt die sogenannten community-schwulen die ja so gegen dieses gesetz waren ?
    die klageflut, die arbeitsplätze, wo sind sie geblieben ?
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#2 manni2Anonym
  • 14.08.2007, 07:34h
  • Na siehste, alles ok. Was war das für ein Gejaule
    bis das Gesetz in Krafat trat. Typisch deutsch!!!
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#3 FloAnonym
  • 14.08.2007, 12:22h
  • Da zeigt sich wieder mal, wie verlogen die ach so schwulenfreundliche FDP ist:

    was hat die FDP nicht gemault und orakelt, dass die Aufnahme von Schwulen und Lesben ins AGG zu einer Klagewelle führt und damit der deutschen Wirtschaft schade und tausende Arbeitsplätze koste!

    Und siehe da: wie jeder halbwegs kluge Mensch damals wusste, ist das NICHT eingetreten!!
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