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- 11. September 2007 3 Min.
Ein Schwesternpaar aus England will die Homo-Ehe eingehen und darf nicht – beim Straßburger Euro-Gericht gehen die Beiden jetzt in Berufung.
Von Dennis Klein
Die 89-jährige Joyce Burden lebt seit Jahrzehnten mit der 81-jährigen Sybil in der südenglischen Grafschaft Wiltshire zusammen. Die Beiden wohnen auf einer Farm, gehen gemeinsam in den nahe gelegenen Markt einkaufen, teilen alle ihre Sorgen und Ängste. Und sie haben Angst: Denn sollte eine der Beiden sterben, verliert die andere die Farm. Grund: Die Überlebende könnte dann die Erbschaftssteuer nicht aufbringen, weil alle Ersparnisse des Paares in dem gemeinsamen Zuhause angelegt sind.
Letzte Chance: Berufung beim Menschenrechtsgerichtshof
Seit Jahrzehnten kämpfen die Schwestern darum, dass der Staat ihre Form zu leben anerkennt. 2005 hofften sie dann auf die "Civil Partnerships", die britische Version der Homo-Ehe. Sie erlaubt es gleichgeschlechtlichen Paaren, sich zu verpartnern. Anders als das deutsche Zwitter-Gesetz enthalten die britischen Lebenspartnerschaften alle Rechte und Pflichten der Ehe. Doch für Joyce und Sybil änderte das nichts: Da sie miteinander verwandt sind, dürfen sie nicht heiraten. Dagegen klagten sie. In England wurde ihre Klage abgewiesen, beim europäischen Gerichtshof für Menschenrechte im vergangenen Jahr auch – wenn auch äußerst knapp mit vier gegen drei Richterstimmen (queer.de berichtete). Ihre Berufung bei den Euro-Richtern ist jetzt ihre letzte Chance: Morgen werden sie vor die große Kammer des Straßburger Gerichts treten und 17 Richtern erklären, dass sie eines der wenigen Paare sind, die das englische Recht nicht schützt. Der Ausgang der Verhandlung ist derzeit völlig offen.
Zuletzt äußerte sich Joyce verbittert über das Rechtssystem: "Ich habe nicht den Status einer Lesbe. Das Gesetz ist eine Beleidigung für Alleinstehende, die sich um ältere Verwandte kümmern. Wir haben es nicht verdient, dass eine solche Last an uns hängt. Unsere letzten Tage auf dieser Erde können wir nicht genießen. Das ist ungerecht." Die Biografie der Schwestern lässt erahnen, warum sie stets zusammenhielten: Im Zweiten Weltkrieg schufteten sie als Landarbeiterinnen am Bauernhof ihres Vaters. Sie haben dann ihre kranken Eltern und danach zwei gebrechliche Tanten gepflegt. Sich mit Jungs zu treffen oder zu heiraten – dafür sei nie Zeit gewesen.
Britische Politiker diskutieren zwar ihren Fall, können aber keine Lösung anbieten. Die Frauenministerin erklärte erst vor kurzem, sie fühle mit den Schwestern – aber die Eingetragenen Partnerschaften seien nicht der richtige Weg, das Problem zu lösen.
In Deutschland wurde 2004 ein ähnlicher Fall aus Schleswig-Holstein bekannt. Hier schlossen zwei Omis eine Eingetragene Partnerschaft (queer.de berichtete). Sie sagten klipp und klar, dass sie nicht lesbisch sind – allerdings durften sie sich verpartnern, weil sie im Gegensatz zu Joyce und Sybil nicht verwandt waren. Damit wollten sie sich finanziell absichern, da beim Tod einer Partnerin die Überlebende eine Rente erhält. Blutsverwandte dürften sich auch hierzulande nicht verpartnern. Im Falle der Erbschaftsteuer wäre das ohnehin nutzlos: In Deutschland ist der Freibetrag für Geschwister doppelt so hoch wie für Eingetragene Lebenspartner – denn die werden in dieser Frage wie Fremde behandelt.
11. September 2007
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