Prävention mal anders: Die Zürcher Aids-Hilfe bietet "Klemmschwestern" Schnelltests an Raststätten an.
Von Dennis Klein
Ungeoutete Männer mit Kind und Kegel sind für die Aids-Hilfe bislang schwer zu greifen. Während in der Szene über sexuell übertragbare Krankheiten seit Jahrzehnten aufgeklärt wird, finden nur wenige Männer den Weg zum Beratungszentrum, deren nichtsahnende Ehefrau zu Hause brav die Kartoffelsuppe zubereitet. Deshalb kommen die Präventions-Arbeiter zu ihnen: Im März nächsten Jahres wird die Aids-Hilfe an drei Autobahnraststätten aufklären und dabei unter anderem einen Syphilis-Schnelltest anbieten.
"Wir erreichen dort eine völlig andere Gruppe als in Schwulenclubs oder Saunen", erklärt Benedikt Zahno von der Zürcher Aids-Hilfe. "Das Risiko ist groß, dass die Männer die Krankheiten zu Hause auf ihre Ehefrauen übertragen". An den "Sexraststätten" Kemptthal, Wädernswil und Büsisee sollen jeweils zwei Fachleute nachts vor Ort sein, wenn frustrierte Ehemänner Abwechslung suchen. Umsonst kann die Aids-Hilfe den Test leider nicht anbieten: Er soll 10 Franken kosten (rund 6 Euro).
Syphilis: Ansteckender als HIV
Es ist Not am Mann: In der Schweiz haben sich die Syphilisfälle dieses Jahr fast verdoppelt. "Das Problem ist, dass die Betroffenen die Symptome von Syphilis oft nicht erkennen", so Zahno. Die bakterielle Erkrankung wird zu zwei Dritteln bei Oral- oder Analsex übertragen. Über ein schmerzloses Geschwür, das vier Wochen nach der Infektion auftritt, verbreitet sich die Krankheit weiter – befindet sich das Geschwür in der Nähe des Darmausganges, bleibt es meist gänzlich unbemerkt. Auch ohne Behandlung heilt es ab - deshalb gehen viele Infizierte nicht zum Arzt. Nach einigen Monaten kommt es aber zu immer wiederkehrenden grippeartigen Beschwerden.
Der Infizierte kann währenddessen Dutzende anderer anstecken, theoretisch auch über Toilettendeckel, gemeinsam benutzte Bierflaschen oder Besteck. Jahre nach der Infektion haben sich die Erreger über den ganzen Körper verteilt und greifen die inneren Organe an – Langzeitschäden sind die Folge, ohne Behandlung stirbt der Erkrankte. Wird Syphilis erkannt, kann die Krankheit in zwei bis drei Wochen mit Penicillin besiegt werden.
Auch HIV-Tests sollen an den Schweizer Autobahnraststätten angeboten werden, allerdings nicht als Schnelltest. "Ich will nicht im Vorbeigehen jemandem sagen, dass er HIV-positiv ist. Dazu muss er zu uns ins Checkpoint kommen", erklärte Zahno. Auch in Deutschland gab es zuletzt Versuche, Menschen auf unkonventionellere Art zum Test zu bekommen. So hat sich die Münchener Aids-Hilfe in einem Pilotprojekt an schwule Discogänger gewandt (queer.de berichtete). Projekte für "Klemmschwestern" sind allerdings rar gesät.
31. Oktober 2007