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  • 18. Januar 2008 10 4 Min.

Ingo-Michael Feth, Ex-CSU-Sprecher und intimer Kenner der katholischen Kirche, über seinen Thriller "Confiteor. Ich bekenne".

Von Stefan Mey

Herr Feth, Sie haben einen schwulen Vatikanthriller geschrieben. Wieso?

Das ist eine Idee, die lange gereift ist. Die Kirche in all ihren Facetten hat mich schon als Kind interessiert. In meiner Jugendzeit habe ich dann mit dem Schreiben begonnen. Zwar sind die Manuskripte alle in der Schublade geblieben, aber im Nachhinein waren das gute Schreibübungen.

Was für eine Beziehung haben Sie persönlich zu dem Thema?

Ich wollte als junger Mann ja selbst Priester werden und in Rom studieren, um im Zentrum der katholischen Weltkirche zu sein, genau wie die Haupt-Figur David. Meine zweite Leidenschaft war aber der Journalismus, und den Weg habe ich dann beruflich weiterverfolgt.

Woher haben Sie das Wissen über die Zustände im Vatikan?

Ich habe durch einen befreundeten Priester schon so mit 15 oder 16 einen guten Einblick in diese faszinierende Welt gehabt. Er hat im Vatikanischen Staatssekretariat gearbeitet, und ich hab ihn öfters in Rom besucht. Er hat mir viel vom Vatikan gezeigt, und ich bin auch hinter verschlossene Türen gekommen, zu denen die meisten keinen Zutritt haben. Außerdem habe ich in den Reihen meiner Freunde einige Geistliche, schwul wie hetero, die selbst in Rom studiert und zum Teil im Vatikan gearbeitet haben. Die haben ein bisschen aus dem Nähkästchen geplaudert. Ich habe gut zugehört und öfters auch gezielt nachgefragt.

Haben Sie beim Schreiben Ihre Freunde gefragt, was sie von der Story halten?

Ja, ich bin immer zu meinen Quellen gegangen und habe sie gefragt: Ist das so realistisch, oder ist das ein völlig abseitiges Szenario? Und was soll ich sagen…, meistens fanden sie es sogar überraschend authentisch.

Gibt es eine reale Vorlage für das Liebespaar David und Alessandro?

Nicht als eine bestimme Person, da mischen sich verschiedene Eindrücke. Für David, den jungen Theologiestudenten, hab ich zwei konkrete Vorbilder im Kopf. Und Alessandro, der italienische Adlige, in den sich David verliebt, ist so ein Traummann, wie ihn sich wohl viele in ihrer Phantasie zurechtbasteln würden. Alessandros toskanisches Weingut, Santa Croce, das gibt es allerdings wirklich. Und so, wie sich beide im Roman kennenlernen, so habe ich tatsächlich vor acht Jahren meinen Mann kennengelernt – allerdings in München, nicht in Florenz.

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Wieso bleibt der Vatikan so homophob, wenn er so von Schwulen bevölkert ist, wie Sie es beschreiben?

Die katholische Kirche war schon immer ein Kontrollfreak. Diese Tradition hat sich erhalten, besonders in Rom. Dem Vatikan ist alles suspekt, was sich seinem lenkenden Einfluß entzieht, deswegen die Furcht vor homosexuellen Beziehungen.

Wieso sind Sie trotzdem in der katholischen Kirche geblieben?

Einiges ist dabei, sich zu verändern, auch wenn es für Außenstehende vielleicht nicht so aussieht. Das ist auch der Grund, wieso ich nach wie vor in der Kirche bin. Priester der heutigen Generation denken über Homosexualität völlig anders als betagte Bischöfe. Es hat ja auch lange gedauert, bis wir politisch und gesellschaftlich so weit waren wie heute. Und bei der katholischen Kirche heißt es so schön: sie denkt in Jahrhunderten. Ich setze auf den Generationswechsel. Wenn die jungen Geistlichen von heute eines Tages an den Schalthebeln des Vatikans sitzen, wird auch da ein neues Denken einziehen. Und so lange lasse ich mir meinen Glauben von niemandem nehmen!

Sie schieben im Nachwort des Buches alle "Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Persönlichkeiten" auf den Zufall. Aber dem deutschen Kardinal Berninger, der am Ende tatsächlich auch Papst wird, hat der Zufall schon eine starke Ähnlichkeit mit Papst Ratzinger verpasst…

Strictly no comment. Übrigens sehe ich Ratzinger nicht ausschließlich als homophoben Hardliner, was einige vielleicht wundern wird. So holzschnittartig ist das nicht. Viele haben mit seiner Wahl den großen Schwenk zur erzkonservativen Linie befürchtet. Aber er hat als oberster Glaubenswächter vieles gesagt, was er bemerkenswerter Weise als Papst heute nicht mehr so äußert. Und wenn man genau hinhört, merkt man, die Sexualmoral wird von ihm viel weniger thematisiert als von seinem Vorgänger.

Er hat aber kurz nach Amtsantritt dieses hässliche Traktat gegen Schwule verfasst…

Der Vatikan hat intern immer klar gemacht, dass sich das Papier auf die Zustände in der amerikanischen Kirche und die Missbrauchsfälle bezogen hat, auch wenn es natürlich falsch ist, die Vorgänge mit Homosexualität gleichzusetzen. Die von manchen erwarteten Ausfälle gegen Schwule hat man aus seinem Munde aber bisher nicht gehört. Und ich bin überzeugt davon, die wird man auch nicht hören. Auch er weiß: In der Seelsorge vor Ort sind die Dinge heute weiter, als man denkt. Im großstädtischen Bereich ist den Priestern nichts Menschliches fremd. Das gibt mir Hoffnung. Die Botschaft meines Romans ist allerdings klar: Die katholische Kirche soll endlich ihren Frieden mit Homosexualität als Daseinsform machen, denn sie ist genauso gottgewollt wie jeder andere Lebensentwurf.

Ingo-Michael Feth: Confiteor. Ich bekenne, Literareon Verlag, München 2007, 416 Seiten, 18,90 Euro

18. Januar 2008

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#1 wolfAnonym
  • 18.01.2008, 08:29h
  • so ein insiderroman ist mit sicherheit sehr spannend und interessant. allerdings hat der autor keinen abstand zur kirche, macht die lektüre eventuell noch aufschlussreicher.
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#2 gerdAnonym
  • 18.01.2008, 09:32h
  • Das Buch dürfte bestimmt interessant sein und gerade auch für homosexuelle Männer interessant sein. Insofern freut mich dieses Buch.

    ABER eines unterschätzt der Autor doch gewaltig: die Auswirkungen der homophoben Haltung des Vatikans auf die Zusammensetzung und dem Nachwuchs homosexueller Studenten als katholische Priester in Europa.

    Ich kenne auch drei ältere schwule katholische Priester (Mitte 40 und aufwärts) in Deutschland; dort finden sich noch ab der Altersstufe Mitte 40 auch viele homosexuelle Priester. Meine Beobachtung, da ich zur Generation Mitte 30 gehöre, geht dahin, dass unter 40 in Europa die Zahl homosexueller Priester stark nachläßt und damit gekoppelt die Anzahl an Priesteramtsnachwuchs zurückgeht. Das liegt insbesondere an der gesellschaftlichen Liberalisierung in Nord-/Westeuropa und der Tatsache, dass viele schwule katholische Studenten aufgrund der Eingetragenen Lebenspartnerschaft sehr bewusst vom Priesteramtsstudium sich frühzeitig verabschieden. Im Gegensatz zur Generation Mitte 40 und aufwärts rutschen dort kaum noch homosexuelle Studenten in das Priesteramtsstudium nach. Die homophobe Aussenwirkung des Vatikans und dessen offener Kampf gegen die Homo-Ehe in den letzten zwanzig Jahren hat dazu geführt, dass die Priesteramtskandidaten ausblieben. Homosexuelle Studenten gehen heute einen anderen Studien- und Lebensweg und da kann ich gleich mehrere Fälle in Münster, Paderborn, Osnabrück oder Hildesheim nennen, wo das so gelaufen ist. Der heutige Priesternachwuchsmangel kommt nicht von ungefähr und das scheint der Autor, da er einer älteren Generation als ich angehöre, nicht ausreichend mitzubekommen.

    Die Priesteramtskandidatenzusammensetzung und insbesondere -anzahl hat sich massiv verändert im Vergleich zur Zeit, auf die der Autor sich anscheinend bezieht.

    Und ehrlich gesagt- so wie sich der Vatikan sich in den vergangenen Jahrzehnten gegenüber homosexuellen Paaren verhalten hat, bin ich froh, dass ich kein katholischer Priester geworden bin.
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#3 MarekAnonym
  • 18.01.2008, 13:33h
  • Da fällt mir eine Rede ein, die Hella von Sinnen mal auf einer Rosa Sitzung vor ein paar Jahren gehalten hat. Da hieß es zum Thema katholische Kirche:

    "Unter den Talaren
    wohnt nicht nur der Muff von tausend Jahren,
    sondern auch der ein oder andere Ständer,
    wenn die Messdiener rutschen auf dem Geländer."
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