"Feuchtgebiete" heißt der erste Roman von Charlotte Roche. Die Moderatorin und Schauspielerin ist aktuell auf Lesetour.
Von Jan Gebauer (blu NRW)
"Ich benutze mein Smegma wie andere ihre Parfümflakons. Mit dem Finger kurz in die Muschi getunkt und etwas Schleim hinters Ohrläppchen getupft und verrieben. Wirkt schon beim Begrüßungsküsschen Wunder", so Charlotte Roche in ihrem Debütroman "Feuchtgebiete", der aktuell hohe Wellen schlägt und zwischen ausgesprochener Bewunderung und angeekelten Kritiken ein Wechselbad an Rezensionen erhält. Gerade für Schwule ganz schön harte, aber auf bizarre Art und Weise auch spannende Kost!
Der Plot von "Feuchtgebiete" ist schnell erzählt: Nach einer missglückten Arschrasur liegt die 18-jährige Helen mit einer Analfissur im Krankenhaus. Sie nutzt die Tage auf der Station, um einen Plan zu schmieden, der ihre geschiedenen Eltern wieder zusammenbringen soll. Vor allem aber experimentiert sie mit allen Körperöffnungen, lebt ihre ganz eigenen Vorstellungen von Sexualität und Hygiene und irritiert damit den Krankenpfleger Robin. Hämorrhoiden, Analverkehr, Toilettenexperimente, ausgefallene Masturbationsvarianten: Atemlos und mit deftiger, sehr direkter Sprache begeht Roche einen Tabubruch nach dem anderen.
"Radikal, drastisch und ebenso zart. Ich erinnere mich nicht, ein Debüt-Manuskript in der Hand gehabt zu haben, so sicher, so mutig und so voller Gegenwart wie dieses", so Roger Willemsen in einer Besprechung. Und tatsächlich: Ebenso mutig wie provokant rebelliert Roches Roman gegen Hygienehysterie und die sterile Ästhetik der Frauenzeitschriften, gegen den standardisierten Umgang mit dem weiblichen Körper und seiner Sexualität - und erzählt dabei die wunderbar wilde Geschichte einer ebenso genusssüchtigen wie verletzlichen Heldin. Und von all dem kann man sich aktuell auch auf ihrer bundesweiten Lesetour überzeugen.
Achtung: Der Termin in Roches Wahlheimat Köln wurde vom 21. März (Karfreitag) auf Freitag, den 28. März, verschoben. Karten behalten ihre Gültigkeit! Als Wiedergutmachung gibt es an diesem Abend sogar zwei Lesungen: Sowohl um 20 als auch um 23 Uhr wird die Ex-Viva-Moderatorin in gewohnt amüsanter Manier Highlights aus ihrem Debüt zum Besten geben.
Weitere Termine:
26.03.2008 Wolfsburg, Hallenbad, 20h
27.03.2008 Münster, Prinzipalsaal, 19:30h
28.03.2008 Köln, Alter Wartesaal, 20h und 23h
31.03.2008 Würzburg, Saalbau Luisengarten, 20h
01.04.2008 Karlsruhe, Jubez, 20:30h
02.04.2008 Nürnberg, Der Hirsch, 20h
03.04.2008 Mainz, Frankfurter hof, 20h
04.04.2008 Duisburg, Hundertmeister, 20h
08.04.2008 Koblenz, Cafe Hahn, 20h
10.04.2008 Menden, Wilhelmshöhe, 20h
13.04.2008 Berlin, Festsaal Kreuzberg, 20h
15.04.2008 Bonn, Pantheon, 20h
16.04.2008 Aachen, Altes Kurhaus, 20h
17.04.2008 Wuppertal, Rex, 20h
19.04.2008 Witten, Werkstadt, 20h
20.04.2008 Hamburg, Schmidt-Theater, 19h
21.04.2008 Bremen, Schlachthof, 20h
22.04.2008 Osnabrück, Lagerhalle, 20:30h
23.04.2008 Bünde, Universum, 20:30h
24.04.2008 Oldenburg, Harmonie, 20h
27.04.2008 Hildesheim, Kulturfabrik LÖseke, 20h
28.04.2008 Göttingen, Junges Theater, 20h
29.04.2008 Braunschweig, Spiegelzelt, 19:30h
02.05.2008 Darmstadt, Centralstation, 20h
25. März 2008
Mehr queere Kultur:
» auf sissymag.de
Zu Charlotte Roche: die Frau finde ich suuuper und von Grund auf ehrlich zu sich selbst und ihren Mitmenschen. Sie stürzt sich gern in die verbale Schlacht und Meinungsoffensive und das finde ich sehr gut an Ihr. Davon könnte so manch ein schwuler Mann, den ich so kenne, noch lernen. Vielleicht habe ich zuviele schwule Gärtner, Krankenpfleger und Büromenschen, um mich die politische Auseinandersetzungen und Meinungskämpfe scheuen bzw. nicht behagt. Ein großes Stück weit sind viele schwule Männer immer noch sehr unpolitisch. Da bilden die Forenschreiber hier schon fast die rühmliche Ausnahme. Daher Charlotte Roche finde ich gut.
Inhaltlich aber liegt mir das Buch von Roche nicht so ganz: das liegt nicht daran, dass ich Ihre Aussagen falsch halte, sondern ich finde Ihre Aussagen gut. Auch wenn Sie erklärt, dass Sie nicht verstehen könne, wieso Alice Schwarzer für die Bild schreibt, dem sexistischen Revolverblatt, das Deutschland überhaupt hat. Und Sie hat auch Recht, dass auch moderne Frauen ein Recht auf Porno haben wollen und das nicht pauschal als die Unterdrückung von Frauen gewertet wissen wollen.
Aber da ich nunmal schwul bin, schüttelt es sich bei mir, wenn ich allein das Wort "Muschi" lese und mir stellen sich bei dem Gedanken, dass sie ihr Smegma als Parfümflakon verwendet, die Nackenhaare auf. Nicht weil ich das "bescheuert" finde - ganz im Gegenteil. Aber es ist nunmal absolut nicht mein Thema, das ich sexuell anregend finde oder womit ich zumindest mich näher mit beschäftigen möchte. Es wirkt eher ein "bisserl eklig" für mich: aber natürlich soll Charlotte Roche ihr Smegma als Parfüm verwenden, wenn es ihr Spass macht. Logo...