Voraussichtlich werden in Kalifornien binnen eines Monats die Hochzeitsglocken für Schwule und Lesben läuten: Das Verbot der Homo-Ehe ist nach einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofes verfassungswidrig.
Von Dennis Klein
Der Oberste Gerichtshof von Kalifornien hat das gesetzlich verankerte Verbot der Homo-Ehe für verfassungswidrig erklärt. Damit wird Kalifornien voraussichtlich nach Massachusetts der zweite US-Bundesstaat werden, der die Ehe für Schwule und Lesben öffnet. Das Urteil soll in 30 Tagen in Kraft treten.
Die Richter entschieden mit vier gegen drei Stimmen, dass Eingetragene Partnerschaften, wie es sie in Kalifornien bereits seit 2000 gibt, nicht ausreichten. Ron George, Präsident der Gerichtshofes, begründete die Mehrheitsmeinung: "Die Beibehaltung der traditionellen Definition der Ehe ist unserer Meinung nach nicht zwingend im Interesse des Staates", so George. "Darum folgern wir, dass die augenblicklichen Gesetze, die die Ehe auf verschiedengeschlechtliche Paare beschränken, verfassungswidrig sind."
"Sexuelle Ausrichtung ist kein Grund für Rechtlosigkeit"
Anders als früher erkenne der Staat nun an, "dass die Möglichkeit eines Menschen, eine dauerhafte und auf Liebe basierende Beziehung zu führen und für Kinder zu sorgen nicht von der sexuellen Ausrichtung eines Menschen abhängt", so der Richter. "Genauer gesagt: Die sexuelle Ausrichtung eines Menschen ist – wie die Merkmale Rasse oder Geschlecht – kein Grund, ihm Rechte zu verweigern oder sie ihm vorzuenthalten."
Die kalifornische Verfassung verbietet die Diskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung. Dem steht ein 2000 in einer Volksabstimmung beschlossenes Gesetz gegenüber, das die Ehe als Verbindung zwischen Mann und Frau definiert. Die Mehrheit der US-Staaten hat in den letzten zehn Jahren derlei Gesetze beschlossen. Präsident George W. Bush wollte sogar in der Bundesverfassung ein Verbot für Homo-Ehe festschreiben. Das scheiterte aber mehrmals am Parlament (queer.de berichtete).
Geklagt hatten zwei Dutzend Homo-Paare, die Homo-Gruppe Equality California und San Francisco. Die Stadt hatte 2004 im Alleingang die Ehe für Schwule und Lesben geöffnet (queer.de berichtete). Gerichte stoppten die Ehe-Schließungen mit der Argumentation, San Francisco habe seine Kompetenzen überschritten (queer.de berichtete). Seitdem tobt eine juristische Auseinandersetzung.
Gefahr Volksabstimmung: Gegner formieren sich bereits
Die Homo-Ehe wird damit ein zentrales Thema bei den anstehenden Regional- und Bundeswahlen sein. Gegner der Ehe-Öffnung holen bereits zum Gegenschlag aus: Sie haben angekündigt, mit juristischen Mitteln zu erreichen, dass das Urteil erst nach den Wahlen im November in Kraft tritt und nicht schon in 30 Tagen. Sie legten außerdem 1,1 Millionen Unterschriften für eine Volksabstimmung vor, mit der das Verbot der Homo-Ehe in der kalifornischen Verfassung festgeschrieben werden soll. Sollten sie damit durchkommen, könnten nur Bundesrichter ein solches Verbot außer Kraft setzen (oder eine erneute Volksabstimmung).
Der republikanische Gouverneur Arnold Schwarzenegger hat – zum Entsetzen vieler seiner Parteikollegen – angekündigt, dass er ein solches "Marriage Amendment" nicht unterstützen werde. Er sagte in einer ersten Reaktion, er werde die Gerichtsentscheidung akzeptieren und umsetzen. Experten geben der basisdemokratischen Initiative der Homo-Gegner auch dank Schwarzenegger nur wenig Aussichten auf Erfolg. In den Vereinigten Staaten kommen rasche Meinungsumschwünge allerdings nicht selten vor.
Das kalifornische Parlament hat bereits 2005 und 2007 die Öffnung der Ehe beschlossen. Beide Male verhinderte Gouverneur Schwarzenegger jedoch die Umsetzung mit seinem Veto. Er begründete seine Entscheidung damit, dass er sich an das jetzt für verfassungswidrig erklärte Gesetz aus dem Jahre 2000 gebunden fühle, weil es aus einer Volksabstimmung hervorgegangen war (queer.de berichtete).
Signalwirkung fürs ganze Land?
Die Entscheidung hat auch bundespolitische Bedeutung: Denn nun steht das Verbot der Homo-Ehe als Bruch des Diskriminierungsschutzes am Pranger. Zudem befinden in Kürze die Obersten Gerichtshöfe der Bundesstaaten Connecticut und Iowa über das Thema. Auch dort sind Entscheidungen wie im Westküstenstaat denkbar.
Bereits in der Vergangenheit hat Kalifornien in vielen gesellschaftlichen Fragen eine Vorreiterrolle in den USA übernommen. So schaffte der "Golden State" das Verbot der interrassischen Ehe fast zwei Jahrzehnte vor einer Grundsatzentscheidung des Obersten Gerichtshofs der Vereinigten Staaten ab. Ob Schwule und Lesben noch so lange warten müssen, steht in den Sternen.