Dating-Plattformen haben das Leben der Schwulen in den letzten Jahren nachhaltig verändert. In seinem ersten Soloprogramm "Gayromeo ist Schuld" macht sich Frank Sandmann über die neuen Schwulen lustig. Zusammen mit Volker Sondershausen am Klavier spricht und singt sich der 42-Jährige seit rund zwei Jahren durch Rendezvous-Erfahrungen in der Netzwelt. Sein nächster Auftritt führt Sandmann am Samstag (31. Mai) im Rahmen des Sommerblut-Kulturfestivals erstmals nach Köln. Dennis Klein sprach mit dem Wahlberliner.
Dein Stück heißt: "Gayromeo ist Schuld". Schuld an was denn?
Ich habe eine Trennung wegen des Gayromeo-Portals hinter mir – eine sehr niveaulose Trennung, die "Gute Zeiten, schlechte Zeiten" alle Ehre machen würde. In meinem Soloprogramm erzähle ich dann, wie ich auf der Suche nach einem Mann bin und berichte von vielen lustigen Dingen, die man mit Gayromeo erleben kann – also von komischen Messages, gefakten Fotos, Schwanzangaben und all das.
Hast du das Stück gemacht, weil du einen Groll auf Gayromeo hast?
Nö, gar nicht. Ich hab keinerlei Sendungsbewusstsein. Es ist einfach ein hervorragendes Thema, über das man sich lustig machen kann. Denn es ist krank, was da abläuft. Nichtsdestotrotz kann man es nutzen. Es ist einfach ein großes Thema, über das jeder Bescheid weiß – mittlerweile sogar die Heten.
Du hast in dem Stück also private Erfahrungen verarbeitet.
Alle denken, das wäre meine private Geschichte. Es stimmt sicher in einem Punkt: Ich war mit Qualitätssicherer liiert, mit dem ich jetzt nicht mehr zusammen bin. Alles andere ist eine Zusammenstellung aus Geschichten, die mir teilweise selbst passiert sind oder die mir andere Leute zugetragen haben.
Ein Beispiel?
So gibt es eine Geschichte mit einem User ohne Foto. Er wollte, dass man ihn mit zugeklebten Augen in seiner eigenen Wohnung empfängt. Das Ganze sollte spannend und extrem geil werden – also mit Hauen und Pipapo. Das fand ich hart, jemanden in die Wohnung kommen zu lassen, den man nicht kennt und den man nicht sieht. Der User ist nicht mehr online. Sein Pseudonym war "Risiko". Dieser Gayromeo-Quatsch ist ja wie das schwule eBay: Da weiß man auch nicht, was man kriegt.
Ein großer Fan von Gayromeo scheinst du ja nicht zu sein.
Naja, es ist wesentlich angenehmer, mal in die Kneipe zu gehen. Natürlich, wenn man sein ganzes Leben auf den Geschlechtsakt ausrichte, ist Gayromeo unschlagbar. Das geht dann vielleicht bis man 50 ist, dann steht man blöd da. Man müsste überlegen, was man sonst noch mit seinem Leben veranstalten will. Bei aller Liebe und der Argumentation, dass sich da Communitys bilden: Das mag zwar sein, aber letzten Endes geht es da immer nur ums Ficken. Auf Dauer ist das zu wenig.
Hast du gezielt recherchiert?
Ich habe schon nach besonders absurden Sachen gesucht. Im Grunde genommen ist das Portal nur ein Aufhänger, um zu zeigen, wie bekloppt die Schwulenszene ist, also beispielsweise wie infantil sich alte Herren dort benehmen. So sind viele nicht bereit, sich ihrem Alter entsprechend zu kleiden oder sie verfallen mit 45 und zwei Hochschulabschlüssen in eine Babysprache. Dann schreiben sie "LOL", "grins" oder "geilfind". Ich denke dann, wie bescheuert muss man sein? Andererseits ist diese Abkürzung ein Zeichen dafür, dass es nur auf ein Ziel hinausläuft: auf den ultimativen Superfick.
Man kann hier also nicht die große Liebe finden, nach der sich viele sehnen?
Ich hab selbst über Gayromeo auch mal einen Mann gesucht. Allerdings war ich wohl hinter meiner Zeit her, denn ich hab geschrieben: "Komm doch mal rüber und bring eine Flasche Wein mit". Das wurde immer gleich so interpretiert, dass sie rüberkommen und gleich wird rumgesaut. Ich habe das ein paar Mal erlebt. Ich redete anderthalb Stunden auf die Leute ein und die wurden nervös, weil sie nur kopulieren wollten. Es ist aber natürlich schön zu sehen, dass ich noch koitabel bin, sonst hätten die gleich die Kurve gekratzt.
Aber es gibt doch viele Männer, die Partnerprofile haben.
Ja, schön find ich dann vor allem die Männer, die schreiben, dass sie nur mal nett chatten wollen. Wenn sie Fotos hineinstellen, sind meist erst blöde Urlaubsfotos mit Flipflops und Baseball-Cap drin, aber spätestens beim zwölften Bild taucht der nackte Arsch oder der Dödel auf. Dann denke ich mir: Das ist total normal, wenn ich mich mit jemandem anfreunden will, zieh ich mir erstmal die Hose runter.
Du hast das Programm schon dutzende Male in verschiedenen Städten aufgeführt. Wer sind hier deine ärgsten Kritiker?
Schwule Gewitterziegen, die so was selbst gerne machen wollen. Die gehen dann auf die andere Seite und werden Kritiker. Ein Beispiel: Ich singe ein klassisches Lied, bin aber eigentlich ein Popsänger. Dann hieß es (affektierte Stimme): "Naja, wenn man jetzt Schubert singt, müsste man mindestens eine klassische Ausbildung haben." Sag mal, geht’s noch? Das ist keine philharmonische Veranstaltung. Ich hab gegoogelt, wer das geschrieben hat. Dann wusste ich, woher der Wind weht.
Letzte Frage: Ich bin kein Gayromeo-Mitglied. Verpass ich was?
Nein, auf keinen Fall. Da sind zu viele arme Irre unterwegs.
"Gayromeo ist Schuld" – am Samstag (31.5.) um 20:30 Uhr im Wohnzimmertheater, Probsteingasse 21, Köln. Außerdem am 10.7. im Frosch-Café Leipzig (Thomasiusstr. 2).
Im Herbst soll ein neues Programm herauskommen mit dem Titel "Testosteron ist Schuld". Sandmann ist außerdem Moderator der interaktiven Spielshow "Wie weit wirst du gehen", die Montag bis Freitag um 19:30 Uhr bei First1.de ausgestrahlt wird.