Der britische Sender Channel Four hat Moralaposteln zufolge mit Sendungen wie "Big Brother" und "Queer as Folk" zum kulturellen Niedergang beigetragen – jetzt freuen sich Missionare jedweder Couleur über Sendungen wie "Make Me a Muslim" oder "Make Me a Christian" – Homos sollen auch bekehrt werden!
Von Dennis Klein
"Großbritannien ist am Ende. Überall kann man asoziales Verhalten, Komasaufen und sexuelle Freizügigkeit beobachten." So lautet die Einleitung zur 3-teiligen Reality-TV-Sendung "Make Me a Muslim", die im Dezember letzten Jahres in Channel Four, einem der fünf britischen Vollprogramme, zu sehen war. Ein Imam brachte drei Wochen lang mehreren ziellos herumirrenden Seelen den Islam näher – darunter auch dem schwulen Frisör Luke, den sein Partyleben langweilt.
Diesen Monat kommt die zweite Auflage der Serie ins Fernsehen, diesmal unter dem Titel "Make Me a Christian". Hier will ein engagierter Pfarrer unter anderem einen Atheisten, eine Lesbe und einen Playboy vom christlichen Lebensweg überzeugen. Es wird gut aufgezeigt, dass Christsein auch etwas mit Politik zu tun hat: Zu den Mentoren gehört mit Pfarrer George Hargreaves auch der Chef der "Christlichen Partei", die Homo-Rechten eine klare Absage erteilt.
Youtube | Beginn der 1. Folge 'Make Me a Muslim'
Wahrscheinlich wird dieses Programm keine allzu große Werbung für den christlichen Glauben werden. Denn bereits "Make Me A Muslim" weckt eher Ressentiments gegen den Islam, gerade weil die Teilnehmer – wie in Reality-Sendungen üblich – wegen ihrer exzentrischen Qualitäten ausgewählt wurden. So wurde der schwule Luke als promisker Party-Boy dargestellt, der sich auch mal begeistert in den Fummel warf. Zwar äußerte er Interesse an einer spirituellen Religiosität: Aber der Imam zeigte sich oft als rechthaberischer Kotzbrocken, der liberalen Muslimen die Schamesröte ins Gesicht steigen lässt. Er verlangte von den Teilnehmern ohne jegliche Begründung, ihr Leben sofort umzukrempeln: 17 Stunden am Tag muss gefastet worden, so die Order. Bei Hausbesuchen sorgte er sich lediglich darum, was er seinen Schäfchen wegnehmen kann – also Pornos, Schweineschinken und das gute alte Bier. Für Luke wollte er zudem ein "schönes Mädchen" finden, damit er endlich seine Schwulitäten unterlässt. Selbst gutmütige Kandidaten rutschten dabei Sätze raus wie "Wenn ihr das machen wollt, geht doch in ein islamisches Land".
Ähnliches Befremden wird wohl auch die christliche Version der Reality-Show auslösen. Allein mit der Zusammensetzung der Mentoren – neben dem "Christian Party"-Chef begeben sich ein katholischer Priester und eine anglikanische Pfarrerin auf den Kreuzzug – ist Konflikt schon vorprogrammiert. Garantiert sind auch passable Einschaltquoten für Channel Four.
Das Programm passt ohnehin perfekt in den Sender, der so etwas wie eine Mischung aus RTL und arte darstellt. Es ist Platz für Schund und Satire, Soaps und Kultur. Mit Sendungen wie dem britischen "Queer as Folk" und "Metrosexuality" hat der 1982 gegründete Kanal die schwule Drama-Serie geradezu erfunden, die dann von amerikanischen Pay-TV-Sendern fleißig kopiert wurde.
Bleibt zu hoffen, dass nicht jede Four-Sendung übernommen wird, obwohl den meisten Teilnehmern der ersten Show der Tapetenwechsel gar nicht so unrecht war: Der schwule Luke sagte am Ende der Serie, er habe durchaus positive Aspekte aus dem Erleben mitgenommen: So sei es angenehm gewesen, mal ohne Freizeitstress und Alkohol einfach in sich zu gehen. Man fragt sich, ob dafür die Annahme einer neuen Religion mit all ihren oft widersprüchlichen Regeln nötig ist oder ob ein Yoga-Kurs und neue Freunde nicht ausreichen würden.
"Make Me a Christian" wird am 10., 17. und 24. August um 19 Uhr (Ortzszeit) auf Channel Four ausgestrahlt.