Auf ihrem Parteitag in Denver buhlen die Demokraten um schwule und lesbische Wähler, während die Republikaner derzeit eher die konservative Bevölkerung durch eine harte Linie bei Homo-Themen überzeugen wollen.
Von Dennis Klein
Die Demokraten haben eine erfolgreiche Woche hinter sich: Die Parteitags-Jubelveranstaltung lief gut über die Bühne, die Reden wurden von dem Medien – vielleicht mit Ausnahme des konservativen Meinungskanals Fox News Channel – hoch gelobt und ersten Umfragen zufolge liegt Obama wieder vor seinem Herausforderer McCain.
Ein besonderes Augenmerk richten die Demokraten und ihr Kandidat auf die schwul-lesbische Wählerschaft. In seiner gestrigen Rede, in der er feierlich vor 80.000 Zuschauern im Stadion und vielen Millionen vor dem Bildschirmen die Wahl zum Präsidentschaftskandidaten annahm, erwähnte Obama daher auch ein Homo-Thema: "Ich weiß, dass es unterschiedliche Auffassungen in der Frage der gleichgeschlechtlichen Ehe gibt. Aber wir alle sind uns einig, dass unsere schwulen Brüder und unsere lesbischen Schwestern es verdienen, die Person, die sie lieben, im Krankenhaus zu besuchen. Und auch sonst müssen sie frei von Diskriminierung leben können."
Schwule und Lesben bei Demokraten stark vertreten
Auch viele Homo-Delegierte wählten den 47-Jährigen: Mehr als acht Prozent aller Abstimmungsberechtigten waren schwul oder lesbisch – und damit mehr als bei jeden vorhergegangenen Parteitag, wie das Szeneblatt "The Advocate" meldet. Die Homo-Demokraten hielten eigene Versammlungen auf dem Parteitag ab, auf denen sogar Michelle Obama, die First Lady in spe, eine Rede hielt.
Steve Hildebrand, der stellvertretende Leiter der Obama-Kampagne, erklärte in vielen Interviews, wie wichtig die Stimmen von Schwulen und Lesben sind. "Laut Wahlprognosen identifizieren sich vier bis fünf Prozent der Wähler als schwul oder lesbisch", so der offen schwule Hildebrand. "Die Wahl scheint sehr knapp zu werden. Ich glaube, dass in zwölf bis 14 Staaten der Abstand von Obama zu McCain nur zwei bis drei Prozentpunkte betragen wird. Wenn Lesben und Schwule Barack unterstützen, können sie die Wahl zu seinen Gunsten entscheiden".
Homo-Aktivisten kritisierten allerdings, dass Obama die Öffnung der Ehe ablehnt. Auch seine Nähe zu fundamentalistischen Kirchenkreisen ist ein Anlass zur Sorge. Allerdings hat sich der Senator stets für die Gleichbehandlung von Schwulen und Lesben (in Eingetragenen Partnerschaften) ausgesprochen. Außerdem tritt er dafür ein, dass offen Homosexuelle im Militär dienen dürfen, dass es strikte Antidiskriminierungsrichtlinien auf Bundesebene gibt und auch Hass-Verbrechen stärker geahndet werden.
Dagegen will sich John McCain nicht mit Homo-Themen profilieren. Zwar unterstützen laut Umfragen zwischen zehn und 20 Prozent der Schwulen und Lesben den Republikaner, allerdings begründen sie ihre Wahl eher mit der Erfahrung McCains als Außenpolitiker oder seiner starken Persönlichkeit. Außerdem versprechen sie sich von ihm niedrigere Steuern und Abgaben, während die Demokraten traditionell als Partei der Steuererhöhungen gelten.
Youtube | Michelle Obamas Rede vor schwul-lesbischen Delegierten
Republikanisches Wahlprogramm sieht Schwule als Gefahr
In dem 20.000 Worte umfassenden Wahl-Programm der Republikaner, das bislang nur als Entwurf vorliegt, werden Homosexuelle insbesondere als Bedrohung für Familie und die Streitkräfte dargestellt. "Weil die Zukunft unserer Kinder am besten geschützt ist im traditionellen Verständnis von Ehe, wollen wir eine Verfassungsänderung durchsetzen, die die Ehe als Verbindung zwischen Mann und Frau definiert", so das Programm nach Angaben des Radiosenders NPR. Damit sollten "zu aktive Richter" gestoppt werden, die die Ehe verwässern würden. Die Republikaner beziehen sich dabei auf die Richter, die die Öffnung der Ehe in Massachusetts und Kalifornien verfügt haben. Das Parteiprogramm geht dabei über das hinaus, was Präsidentschaftskandidat McCain will: Der 71-Jährige gilt zwar als Gegner der Ehe-Öffnung, will die Bundesstaaten aber entscheiden lassen, wie die Ehe definiert wird.
Das Programm wendet sich auch gegen Antidiskriminierungsgesetze, die das Merkmal sexuelle Ausrichtung umfassen. Außerdem warnt es davor, Schwule und Lesben in der Armee dienen zu lassen: "Um unsere Soldaten und Soldatinnen zu schützen und damit die amerikanischen Streitkräfte weiterhin die besten der Welt sind, bestätigen wir die Zeitlosigkeit unserer Werte: Nämlich dass die traditionelle Militärkultur aufrecht erhalten werden muss, die unvereinbar ist mit Homosexualität".
Noch gut zwei Monate haben die Wähler Zeit, sich ein Bild von ihren Kandidaten zu machen. Die Buchmacher sehen übrigens weiterhin Obama vorne. So erhält man bei "Paddy Power" für einen Euro Einsatz bei einem Sieg Obamas nur 1,44 Euro zurück. Setzt man aber auf McCain, gewinnt man 2,63 Euro. Für die Zocker dürfte als McCain der Favorit sein. Bei Thema Homo-Gleichberechtigung liegt jedoch Obama klar vorne.