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- 13. Oktober 2008 3 Min.
Mit schnuckeligen "Rollenmodellen" startet die Deutsche Aids-Hilfe heute eine Präventionskampagne für die schwule Zielgruppe – unter ihnen der 21-jährige Fabian. Queer.de hat mit dem jungen Dortmunder gesprochen.
Von Dennis Klein
"Ich weiß, was ich tu" (IWWIT), so heißt die neue DAH-Kampagne, die am heutigen Montag startet. Hiermit wollen die Aids-Aktivisten direkt die Jungs und Männer erreichen, die gerne mit selbigen in die Kiste steigen. Grund sind die derzeit wieder nach oben schießenden HIV-Infektionszahlen (queer.de berichtete).
Dabei streben die Aktivisten keine Missionierung alten katholischen Stils an, sondern wollen einfach mal mit denen ins Gespräch kommen, die man bislang nicht erreicht hat. Eine Reihe von Ansprechpartnern, den so genannten Rollenmodellen, stehen daher mit ihren persönlichen Erfahrungen allen Interessierten Rede und Antwort. Wir sprachen mit dem Dortmunder Bademeister Fabian über seine Erwartungen an die Aktion, über Nähe ohne Kondom und übers Heiraten.
Du bist ein IWWIT-Rollenmodell. Wie kam’s dazu?
Ich bin im Vorstand der Aids-Hilfe Unna. Hier hat mich der Geschäftsführer als Rollenmodell vorgeschlagen. Ich wusste erstmal nichts davon. Erst später hat er mich gefragt, ob das in Ordnung ist. Ich wurde also ins kalte Wasser geworfen. Jetzt freue ich mich darüber.
Wieso?
Ich finde die Idee einfach cool und sinnvoll. Das ist die erste bundesweite Kampagne für MSM – also Männer, die Sex mit Männern haben. Das wurde in der Form noch nie gemacht. Erstmals gibt es Rollenmodelle zum Anfassen, keine fiktiven Figuren.
Ihr wollt ja mit der Aktion etwas erreichen. Wie willst Du denn jemand "bekehren", der partout keinen Safer Sex machen will?
Wir wollen nicht bekehren, wir sind keine Missionare! Wir möchten, dass die Männer sich mit dem Thema auseinandersetzen, sich informieren und dann ganz selbstbestimmt für sich eine Entscheidung treffen. Deshalb heißt die Kampagne ja auch "Ich weiß, was ich tu".
Wie würdest Du mit einem Kondomverächter mit wechselnden Partnern konkret ins Gespräch kommen?
Ich würde ihn nach Gründen fragen – und wie er sich sonst schützen will. Hat er Interesse an einem Gespräch, hätte ich schon eine Tür geöffnet. Man könnte dann über Risikominimierungsstrategien reden. Zum Beispiel könnte ich ihm dann einen Flyer für einen HIV-Schnelltest in die Hand drücken. Es wäre für mich ein Erfolg, ihn so zu erreichen.
Welchen Erfolg versprichst Du Dir von der Kampagne?
Das soll ein Anstoß für ein neues Denken werden. Das wichtigste Stichwort ist jetzt Risiko-Management. Welche Schutzstrategien kann man für sich entwickeln und was ist mein Nutzen, wenn ich dafür sorge, dass ich negativ bleibe.
Als Ansprechpartner verrätst Du auch viel über Dein Privatleben. Erwartest Du vielleicht auch Heiratsanträge?
(lacht) Die müsste ich ablehnen. Ich hab schon seit zwei Jahren einen Freund. Es ist aber schon spannend, wie er reagieren wird, wenn Anträge kommen würden.
Hast Du keine Angst, zu viel Persönliches zu veröffentlichen?
Nein, ich konnte ja selbst entscheiden, was über mich erscheint und was nicht. Außerdem lebe ich auch sonst sehr offen.
Du erzählst beispielsweise auf der IWWIT-Website, dass Du mit Deinem Freund keine Kondome mehr benutzt, weil man sich "in der Beziehung dann ohne Schutz viel näher sein" könne.
Ich will und kann kein Schauspieler mit dem erhobenen Zeigefinger sein. Natürlich gibt es ein kleines Restrisiko. Aber mein Freund und ich sind lange zusammen und verhalten uns wohl so wie die Masse. Wir gehören zur Masse und ich will mich nicht künstlich davon abheben. Mir sind Verantwortung und Vertrauen wichtig. Wir haben uns testen lassen, bevor wir auf das Kondom verzichtet haben und sind beide negativ. Das ist unsere Schutzstrategie.
Als Medienpartner der DAH-Kampagne hat Queer.de einen eigenen IWWIT-Themenkanal eingerichtet. Hier werden wir regelmäßig über Aktivitäten, Aktionen und Hintergründe informieren.

Links zum Thema:
» Das Portal zur Kampagne: www.iwwit.de mit News, Profilen, Games u.v.m.
Mehr zum Thema:
» Jung, schwul, positiv (15.10.08)