In den vergangenen Monaten haben rund 20.000 Homo-Paare in Kalifornien geheiratet - damit ist jetzt dank Volkes Wille Schluss.
Von Dennis Klein
Die Mehrheit hat gesprochen: 52 Prozent der Kalifornier wollen Schwulen und Lesben nicht das Recht geben zu heiraten. Alle Appelle von Stars wie Brad Pitt, Steven Spielberg oder Barbra Streisand haben nichts geholfen. Zwar werden die bereits geschlossenen Ehen weiterhin Bestand haben. Wer jetzt noch heiraten will, muss sich mit einer Eingetragene Partnerschaft begnügen.
Der Rückschlag trübt die Freude über die Wahl des als homofreundlich geltenden Barack Obama. Für viele schwule und lesbische Kalifornier war "Proposition 8" sogar wichtiger als die Präsidentschaftswahl. So haben Besucher der Schwulenmetropole San Francisco in den letzten Wochen weit mehr Werbeposter mit der Aufschrift "No On 8" als mit dem Wunsch "Obama for President" gesehen.
Mit der Entscheidung enthält die kalifornische Verfassung künftig widersprüchliche Bestimmungen: Zwar heißt es im darin, dass alle Menschen - egal welcher sexuellen Ausrichtung - gleichbehandelt werden müssen. Darum hat der oberste Gerichtshof des Bundesstaates im Mai das Ehe-Verbot für verfassungswidrig erklärt (queer.de berichtete). Jetzt heißt es darin auch, dass die Ehe eine "Verbindung zwischen Mann und Frau" sei. Mit diesem Widerspruch werden sich voraussichtlich bald Gerichte beschäftigen müssen. Zunächst gilt: Homo-Paare sind also offiziell weiter gleichberechtigt - allerdings werden sie das künftig in "Eingetragenen Partnerschaften" sein.
Bundesweit sind ohnehin weder Ehen noch Eingetragene Partnerschaften anerkannt - dank des in der Clinton-Ära verabschiedeten "Gesetzes zum Schutz der Ehe". Das führt dazu, dass verheiratete oder verpartnerte Homo-Paare etwa bei der Bundeseinkommensteuer wie Fremde behandelt werden. Auch ausländische Partner eines Amerikaners erhalten nicht - wie in der EU üblich - eine Niederlassungserlaubnis.
Hier müssen Homo-Aktivisten in Zukunft wohl eher auf das oberste Bundesgericht - den Supreme Court in Washington D.C. - hoffen. Hier darf Barack Obama in den nächsten vier Jahren Richter ernennen und dem neunköpfigen Organ seinen Stempel aufdrücken. Immerhin war es auch der Supreme Court, der 1967 das Verbot der interassischen Ehe als verfassungswidrig erklärte - und damit das 1924 erlassene "Gesetz zur rassischen Integrität" des Bundesstaates Virginia aushebelte. Bürgerrechtler hoffen auf einen ähnlichen Fall in der Frage der Homo-Ehe. Dieser würde alle auf Regionalebene beschlossenen Gesetze und Verfassungszusätze für ungültig erklären, da Bundesrecht über Landesrecht steht.
Derzeit feiern die Homo-Gegner aber ihren Sieg: "Wir haben die Kalifornier dazu gebracht, das Thema zu überdenken", frohlockt "Proposition 8"-Organisator Jeff Flint. Er weist darauf hin, dass noch vor wenigen Wochen Umfragen eine Ablehnung des Homo-Verbot vorhergesagt hatten. "Ich danke, dass die Wähler gedacht haben, sie könnten schwule Paare heiraten lassen, wenn es diese glücklich macht. Wir haben sie dazu gebracht zu verstehen, dass so etwas schwer wiegende Folgen für die Gesellschaft hat - und insbesondere auf die Kinder. Immerhin ist die Ehe ja das Fundament, auf dem unsere Gesellschaft aufgebaut ist."
Damit haben nur noch zwei (kleinere) US-Staaten die Ehe für Lesben und Schwule geöffnet: Vorreiter Massachusetts hat bereits 2003 die Gleichberechtigung in Ehe-Fragen angeordnet. Ab nächste Woche kommt zudem Connecticut hinzu. Hier scheint die Ehe derzeit auf einem festeren Fundament zu stehen als in Kalifornien. Referenden sind hier zunächst nicht vorgesehen - allerdings könnte sich das nach dem Sieg der Homo-Gegner ändern.
Die größte Gefahr besteht nun darin, dass die Verfechter der exklusiven Hetero-Ehe nun mit Rückewind eine weitere Beschneidung von Rechten anstreben. Die nächsten Monate und Jahre könnte es also noch mehr als eine geschmacklose Kampagne kommen, in denen Schwule und Lesben als Sündenböcke herhalten müssen. Wir dürfen sehr dankbar sein, dass hierzulande Volksentscheide so gut wie keine Rolle spielen - und so auch nicht zur Einäscherung von Bürgerrechten missbraucht werden können.