Das jüngste Kind der schwulen Medienlandschaft liegt nach nur rund einem Jahr am Boden. Der das Magazin "FRONT" herausgebende Berliner Verlag L&E Media musste am Donnerstag Insolvenz anmelden. Über die Hintergründe sprach queer.de mit Chefredakteur Dirk Ludigs.
Von Christian Scheuß
FRONT ist am 11.Oktober 2007 an den Start gegangen, jetzt ist es schon wieder aus mit der Hochglanzherrlichkeit. Wer wollte Euch nicht? Die Leser, die zu wenig Abos bestellt haben, oder die Werbewirtschaft, die zu wenig Anzeigen geschaltet hat?
Weder noch. Sowohl die Auflagen- als auch die Anzeigenentwicklung verliefen zufriedenstellend und gingen über das hinaus, was man in einem so schwierigen Marktumfeld erwarten konnte. Wir haben eine ganze Reihe von Werbekunden erstmals in Deutschland für diese Zielgruppe begeistern können: Calvin Klein, Cartier, Diesel, Zegna, Jil Sander, um nur einige zu nennen. Da waren wir äußerst erfolgreich. Aber es ist klar, dass ein neuer Titel Zeit braucht, bis er schwarze Zahlen schreibt. Wer uns zuerst nicht wollte, war die Berliner Bürgschaftsbank, die nicht bereit war, für einen von unserer Hausbank bereits genehmigten Kredit zu bürgen, und das trotz aller Sonntagsreden vom Medienstandort Berlin. Bei der Suche nach privaten Investoren kam uns dann die Wirtschaftskrise in den Weg, eine Situation in der potenzielle Investoren sich einfach abwartend verhalten.
Warum ist es so schwierig, einen Titel mit unbestritten hoher technischer und vor allem inhaltlicher Qualität zu etablieren?
Weil hohe Qualität ihren Preis hat und Zeit braucht um sich durchzusetzen. Ich denke aber, grundsätzlich haben wir gezeigt dass es dafür einen Platz gibt. Dazu braucht es allerdings zweierlei: finanzielles Durchhaltevermögen und Verlegerpersönlichkeiten, die journalistische Qualität für wichtig halten. Diese Persönlichkeiten haben wir in Deutschland im Bereich der sogenannten ‚schwullesbischen Medien‘ weit und breit nicht, es gibt keinen deutschen Pierre Bergé (Herausgeber des französischen Magazins Têtu). Darum mussten wir ja einen eigenen Verlag gründen. Das finanzielle Durchhaltevermögen ist uns jetzt aber leider abhanden gekommen.
Was sind in Eurer Analyse die Fehlentscheidungen, die ihr möglicherweise getroffen habt?
Man macht jeden Tag tausend kleine und einen großen Fehler. Unsere erste Werbekampagne war gut gemacht, aber ein Flop, sie ging an der Zielgruppe vorbei. Der größte Fehler aber war es wohl, FRONT nicht schon zwei Jahre früher gestartet zu haben.
Ihr arbeitet laut Eurer Pressemitteilung "mit Hochdruck daran, FRONT eine neue Zukunft zu geben". Was sind Eure Ideen dazu: Neue Firma, neues Geld, neues Glück?
In einer Insolvenz liegt ja auch immer eine Chance. Da der Verlag gescheitert ist, nicht aber das Zeitschriften-Konzept, sehe ich durchaus Chancen für FRONT. Sei es in einem bestehenden Verlag, sei es durch eine Neugründung.
Wäre das "Kuscheln" mit einem potenten Großverlag ein Weg, den ihr zur Rettung einschlagen wollt?
Es gibt sicher eine Reihe von Verlagen, die mit einem Titel wie FRONT ihr Portfolio sinnvoll ergänzen könnten. Tatsache ist aber auch, dass die Großverlage sich derzeit eher durch das Einstellen von Titeln einen Namen machen als durch kluge Zukäufe. Das ganze Umfeld ist extrem schwierig. Die Gespräche führen wir natürlich, ich bitte aber um Verständnis, dass wir da jetzt keine Namen heraus posaunen.
Wenn sich ein "Premiumtitel im Lifestyle-Segment" (Eigenbeschreibung FRONT) nicht verkaufen mag, Sex lässt sich doch immer an den Mann bringen. Wird FRONT beim möglichen Neustart ein (Männer-)Tittenblatt?
Es stimmt ja nicht, dass sich so ein Titel nicht verkaufen mag, unsere Abozahlen sind im Vergleich zu anderen so genannten ‚Nischenprodukten‘ beachtlich und die Auflagen der ‚Tittenblätter‘ sind ja auch alles andere als berauschend. Das letzte, was die Zielgruppe braucht ist noch eine dieser Sexpostillen. FRONT wird entweder gar nicht weitermachen oder aber inhaltlich so wie bisher.
naja, schade auf jeden fall, es kann nicht genug solcher zeitschriften geben, ich hoffe auf eine rückkehr.