https://queer.de/?9888
- 20. Januar 2009 3 Min.
Homo-Aktivisten setzen – wie viele andere Gruppen – große Hoffnungen in den neuen US-Präsidenten Barack Obama, der am Dienstagnachmittag (deutscher Zeit) seinen Amtseid ablegt hat.
Von Dennis Klein
Am Sonntag hat der schwule Bischof Gene Robinson zu den Feierlichkeiten der Amtseinführung von Barack Obama am Lincoln-Denkmal gesprochen. Der Obama-Fan bat dabei den lieben Gott auch um Einsicht bei Homo-Rechten: "Segne uns mit Zorn – Zorn auf Diskriminierung – zu Hause und im Ausland – gegen Flüchtlinge und Einwanderer, Frauen, Farbige, Schwule, Lesben und Transsexuelle". Die Rede, die von konservativen Kommentatoren als "spaltend, wie erwartet" ("Union Leader") bezeichnet wurde, sorgte auch unter Schwulen und Lesben für Aufruhr: Sie wurde nicht vom live übertragenden Sender HBO ausgestrahlt. Mitarbeiter des Pay-TV-Kanals beschwerten sich, die schlechte Organisation des Obama-Teams hätte eine Ausstrahlung verhindert. Inzwischen sagten die Organisatoren zu, dass die Rede auf Großleinwänden vor dem Amtseid am Dienstag gezeigt werde. Hierzu wurden zwei Millionen Besucher in der US-Hauptstadt erwartet.
Der Zwischenfall zeigt, wie nervös die Mannschaft um den neuen Präsidenten ist. Obama versucht es derzeit allen Recht zu machen; und musste daher auch Kritik von Homoaktivisten einstecken, als er mit Rick Warren den konservativen Pfarrer einer "Mega-Church" zu seinem Hauptprediger bei der Amtseinführung machte – Warren ist ein ausgesprochener Schwulenhasser, der Homosexualität schon mal mit Pädophilie vergleicht (queer.de berichtete).
Tatsächlich schlingert sich Obama ein wenig bei Homo-Themen durch, um von möglichst vielen geliebt zu werden: Er sagte, er werde sich dafür einsetzen, dass die Antidiskriminierungsgesetze endlich bundesweit für das Merkmal sexuelle Orientierung gelten solle, dass Schwule und Lesben endlich offen im Militär dienen können und dass Hassverbrechen künftig härter bestraft werden sollen. In all diesen Punkten gibt es eine Mehrheit in der Bevölkerung, wie auch für Eingetragene Partnerschaften. Allerdings betont Obama stets, dass er die Ehe für eine Verbindung zwischen Mann und Frau hält. Zwar hat der 47-Jährige in der Vergangenheit noch ganz anderes gesagt. So hat er 1996 bei seiner Bewerbung um einen Senats-Sitz von Illinois versprochen: "Ich trete für die gleichgeschlechtliche Ehe ein und werde Versuche, diese für ungültig erklären zu lassen, bekämpfen". Doch davon will er nun nichts mehr wissen.
Er wäre wahrscheinlich nicht Präsident geworden, wenn er sich für dieses Thema eingesetzt hätte, glauben viele Analysten. Denn die so genannte "Unverletzlichkeit der Ehe", also die Weigerung, gleichgeschlechtliche Paare heiraten zu lassen, ist in den USA wie etwa die Frage der Todesstrafe für viele Wähler wahlentscheidend, Kompromisse werden nicht akzeptiert. Eine deutsche Entsprechung wäre etwa das Thema Kündigungsschutz: Auch hier diskutieren die Parteien aus Angst vor dem Wähler lieber nicht so genau über eine Änderung, auch wenn die aktuelle deutsche Regelung im internationalen Vergleich eine skurrile Ausnahmeerscheinung ist, die im Ausland oft kopfschüttelnd belächelt wird.
Obama zeigt sich allerdings betont offen. So hat er mehrere Schwule und Lesben – wenn schon nicht zu Ministern – zu hohen Beamten ernannt. In den nächsten Monaten muss er zeigen, ob er die Gesetzesvorhaben für Homosexuelle durch die Parlamente bringen kann. Wahrscheinlich wird er aber zunächst einmal die Homo-Aktivisten um Geduld bitten: Denn wegen der Finanzkrise werden Antidiskriminierungsgesetze und Co. zunächst nicht ganz oben auf der Agenda stehen.















spannender erwartet. skandälchen haben aufmerksamkeiten noch nie geschadet.