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- 11. Februar 2009 3 Min.
Die bereits Mitte Januar verabschiedete "CSD-Charta" des Cologne Pride hat in der Lokalpresse und bei schwulen Bloggern für Aufregung gesorgt: Darin ist nämlich auch eine "Anstands-Erklärung" ("Kölner Stadtanzeiger") enthalten.
In dem zweiseitigen Regelwerk wird der CSD als politische Veranstaltung definiert, die als Ziel Toleranz und die rechtliche Gleichstellung von Schwulen und Lesben anstrebt. Unter Paragraf 3 erklären die Veranstalter vom Kölner Lesben- und Schwulentag (KLuST), dass "alle Verhaltensweisen, die auch im alltäglichen Leben strafbar sind", auch auf dem CSD verboten seien. Als Beispiele nennt die Charta "sexuelle Handlungen in der Öffentlichkeit, die Verbreitung von jugendgefährdenden Schriften sowie die Einnahme illegaler Drogen". Der KLuST sei zwar nicht zuständig für die Sicherheit, arbeite jedoch "eng mit der Polizei und den Ordnungsbehörden". Daher seien die Helfer angewiesen, "im zumutbaren Rahmen" verbotenes Verhalten anzuzeigen. Unklar ist, ob die Helfer jeden Wildpinkler oder jeden Teilnehmer mit einer Hasch-Fluppe im Mund den Behörden melden müssen.
Ferner sollten die Teilnehmer "Taktgefühl" bei ihrem äußeren Erscheinungsbild und beim Verhalten beweisen. Man solle die Toleranz, die Schwulen und Lesben von der Gesellschaft entgegengebracht wird, nicht durch "maßlose Provokation" überstrapazieren. Allerdings gehöre ein nicht näher definiertes "gewisses Maß an Freizügigkeit" zum CSD dazu.
Grund für die Charta war offenbar ein Streit um die geplante Teilnahme des Bordells Pascha beim CSD 2007. Nach heftiger Kritik von lesbischen Aktivistinnen zog das Freudenhaus, in dem auch Kulturveranstaltungen stattfinden, die Teilnahme zurück (queer.de berichtete). Dagegen war im selben Jahr ein Barebackporno-Label beim CSD willkommen, was wiederum zu Kritik aus der Szene führte (queer.de berichtete).
Vertreter des KLuST erklärten, mit der Charta gebe es nun erstmals Regeln für das Miteinander von Heteros, Lesben und Schwulen. Mit diesen Paragrafen gebe es endlich eine gemeinsame Basis. "Wir wollen nicht zur Sittenpolizei des Kölner CSD werden", verspricht KLuST-Vorstandsmitglied Sabine Arnolds.
Auch der "Kölner Stadtanzeiger" begrüßt die CSD-Charta: "Exhibitionistisches Verhalten bestätigt Schwulen-Feinde in ihrem Schubladen-Denken", schreibt das Blatt in einem Kommentar. "Es macht zugleich all die Homosexuellen 'unsichtbar', die sich gesittet verhalten – oder zumindest nicht ungezügelter als Jecke an Weiberfastnacht in der Altstadt."
Unter schwulen Bloggern wird die CSD-Charta teils heftig kritisiert. "Neuer Weg eines Miteinanders oder prüde Provinz-Posse?", fragt etwa Blogger Ondamaris. Der CSD verkomme zur "Fronleichnamsprozession", befürchtet der "Gay Dissenter". Der KLuST reglementiere den Cologne Pride so sehr, dass er "nicht mehr als Veranstaltung schwuler Menschen erkannt wird": "Es soll nunmehr ein an den Vorstellung der Werbewirtschaft, der konservativen Kräfte und religiöser Vereinigungen orientiertes Fest werden, dass schwulenfeindlich eingestellten Menschen jeglicher Couleur wohlgefällt. Eine klinisch reine Party für alle, nur eben nicht mehr für schwule Menschen", befürchtet der Blogger. (dk)
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