
Manfred Herzer
Mitbegründer des Schwulen Museums Berlin, Hirschfeld-Biograph und Herausgeber der Zeitschrift Capri
„Gemischte Gefühle, wenn ich heute an Hirschfeld denke: zunächst die unwillkürliche Abscheu vor Heldenkult – Straßen & Plätze, Denkmäler, Gedächtnisfeiern –, der nur obskuren Zwecken wie Erinnerungskulturpflege, Geschichtspolitik und Identitätsstiftung dient, als ob davon irgendetwas für gegenwärtige Fragen und Problemlösungen zu erhoffen wäre. Wir können unsere Feinde von heute, die KriegsherrInnen und Verantwortlichen für das Bourdieu´sche Elend der Welt, ein bisschen besser bekämpfen, wenn wir ihre Vergangenheit und Vorgeschichte kennen. Aber die Toten? Aus ihrer Geschichte ist nichts zu lernen für den Kampf um Frieden und Gerechtigkeit. Aber es macht Spaß und bereitet Genuss, das Leben der Verstorbenen zu rekonstruieren, zu erforschen und nachzuerzählen. Das ist die einzige Rechtfertigung auch für eine Leben-Hirschfeld-Forschung und die zweite Komponente im oben erwähnten Gefühlsgemisch.“